Sondereigentum entstanden (Keller)?

  • Eingetragen ist ein Wohnungseigentum mit 50 Wohnungen + 1 Teileigentum (Kellerräume). In der Teilungserklärung vom 1.3.1967 wurden die Wohnungen bezeichnet mit z.B.
    "20/1000 Miteigentumsanteil verbunden mit der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Wohnung im Erdgeschoss. Die Wohnfläche beträgt 100 qm."
    bzw. "...verbunden mit dem Teileigentum an den mit Nr. 51 bezeichneten im 2. Kellergeschoss liegenden Räumen".

    Der Aufteilungsplan beinhaltet außer den Plänen der Wohnungsgeschosse auch Grundrisse der 1.-3. Kellergeschosse, die - außer dem Teileigentum Nr. 51 - auch einzelne Kellerräume mit Nrn. 1 bis 50 enthalten (aber überhaupt nicht in der Teilungserklärung erwähnt werden + auch nicht in die Berechnung der Quadratmeter eingehen ).

    6 Monate nach der Ersteintragung wurde folgender Nachtrag zur Teilungserklärung vorgelegt:
    "Der Inhalt des Wohnungs- und Teileigentums wird wie folgt abgeändert:
    Für die Aufteilung der Räume im 1.- 3. Kellergeschoss des Gebäudes sowie für die Lage und Größe der im gemeinschaftlichen Eigentum sowie im Teileigentum stehenden Gebäudeteile soll nicht maßgebend sein die Teilungserklärung vom 1.3.1967 i.V.m. dem seinerzeit eingereichten Aufteilungsplan für das 1. - 3. Kellergeschoss, sondern die Teilungserkl. v. 1.3.1967 i.V.m. dem Aufteilungsplan für das 1. - 3. Kellergeschoss, der der heutigen Erklärung beigeheftet ist.
    Auch nach diesem Aufteilungsplan für das 1. - 3. KG sind die Räume in sich abgeschlossen, wie sich aus der Bescheinigung der Stadt ... ergibt.
    Die Eintragung vorstehender Rechtsänderung im Grundbuch wird hiermit bewilligt und beantragt."

    Beigefügt ist eine Abgeschlossenheitsbescheinigung mit Aufteilungsplan für das 1.-3. KG, mit geänderten Räumen Nr. 51 + anders nummerierten Räumen Nrn. 1 bis 50.

    Der Kollege hat damals eingetragen: "Der Gegenstand des Sondereigentums ist bezüglich des Kellers geändert; gemäß Bewilligung ..."

    Ist dadurch Sondereigentum an einem Kellerraum zu jeder Wohnung gehörend (mit der gleichen Nummer) entstanden?

  • Frage ist, ob es einen unlösbaren Widerspruch zwischen dem verbalen Teil der Teilungserklärung und der zeichnerischen Darstellung im Aufteilungsplan gibt.

    In solchen Fällen wären die Kellerräume im Gemeinschaftseigentum verblieben (s. Hügel im BeckOK BGB, Stand 01.11.2017, § 3 WEG RN 19 mwN; zum Hobbyraum im Keller s. OLG München, Beschluss vom 24.09.2010, 34 Wx 115/10, Orientierungssatz: „Stimmen bei der Eintragung im Bestandsverzeichnis des Wohnungsgrundbuchs die Teilungserklärung und die Darstellung der im Sondereigentum stehenden Räume im Aufteilungsplan aufgrund eines nicht ausgewiesenen Hobbyraums im Kellergeschoss nicht überein und kann der Teilungsvertrag nicht dahin ausgelegt werden, dass ein weiterer Raum im Keller noch zu dem Wohnungssondereigentum hinzugehört, ist eine Zuordnung eines "vergessenen" Hobbyraums nicht möglich. Der Raum ist somit im Gemeinschaftseigentum verblieben.“

    ME gibt es diesen Widerspruch vorliegend nicht:

    Zunächst einmal werden Kellerräume generell nicht in die Wohnflächenberechnung einbezogen (s. § 2 Absatz 3 Nr. 1a der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung - WoFlV) vom 25. November 2003, (BGBl. I S. 2346).
    § 2 Absatz 3 Nr. 1 a lautet:
    „(3) Zur Wohnfläche gehören nicht die Grundflächen folgender Räume:
    1.Zubehörräume, insbesondere:
    a) Kellerräume,…

    Aus dem Umstand, dass die Maße des Kellerraums in die Wohnflächenberechnung keinen Eingang gefunden hat, ergibt sich daher nichts zur Frage der Zugehörigkeit zum SE.

    Der Umstand, dass die Kellerräume 1 bis 50 im verbalen Beschrieb der Teilungserklärung nicht erwähnt werden, beruht offenbar darauf, dass man sie als dem Begriff „Wohnung“ zugehörig verstanden hat. Ansonsten wäre es nicht erklärlich, dass zwar das Sondereigentum an den im zweiten KG gelegenen, mit Nr. 51 bezeichneten Räumen erwähnt wird, die im 1. bis 3. Kellergeschoss gelegenen Räume jedoch unerwähnt blieben. Schließlich sollten nach dem Nachtrag für die Aufteilung die Teilungserkl. v. 1.3.1967 i.V.m. dem Aufteilungsplan für das 1. - 3. Kellergeschoss maßgebend sein. „Auch nach diesem Aufteilungsplan für das 1. - 3. KG sind die Räume in sich abgeschlossen, wie sich aus der Bescheinigung der Stadt ... ergibt“. Einer solchen Abgeschlossenheitsbescheinigung hätte es für die Räume im ersten und dritten KG nicht bedurft, wenn an ihnen kein Sondereigentum hätte entstehen sollen.

    Das LG Köln 11. Zivilkammer hatte im Beschluss vom 02.06.1992, 11 T 47/92, noch verlangt, dass die Zugehörigkeit von im Aufteilungsplan mit den gleichen Ziffern wie die Wohnungen bezeichneten Kellerräumen im verbalen Beschrieb dadurch zum Ausdruck kommen müsse, dass sie mit ihrer Lage „und im Kellergeschoss“ aus dem verbalen Teil hervorgehen müssen (ebenso Peter, BWNotZ 1987, 87/88).

    Dem ist das OLG Köln im Beschluss vom 17.08.1992, 2 Wx 35/92, entgegengetreten. Es führt aus: „Der Auslegung der Vorinstanzen, dass die Teilungserklärung nicht ausreichend bestimmt sei, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. ….Diese Überprüfung ergibt hier, dass nach dem klaren Sinn und Wortlaut sowohl Teilungserklärung als auch Eintragungsbewilligung die mit ziffernmäßig bezeichneten Kellerräume erfassen. Richtig ist allerdings, dass die verbale Beschreibung der beiden Eigentumswohnungen in der Teilungserklärung die Kellerräume, die den Eigentumswohnungen jeweils zugeordnet sind, nicht erwähnt. Daraus ergibt sich aber kein Zweifel am Inhalt der Erklärung und keine Widersprüchlichkeit zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan. Die Teilungserklärung stellt schon einleitend zweifelsfrei klar, dass mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an einer in sich abgeschlossenen Wohnung nach Maßgabe des Aufteilungsplans verbunden ist und dass alle zur gleichen Einheit gehörenden Räume mit den entsprechenden Nummern im Aufteilungsplan gekennzeichnet sind. Vor der folgenden verbalen Beschreibung der beiden Wohnungseigentumseinheiten wird nochmals auf den Aufteilungsplan verwiesen und auch nach der verbalen Beschreibung heißt es im letzten Absatz der Teilungserklärung nochmals “Aufteilung, Lage und Größe der im Sondereigentum stehenden Räume sind im übrigen aus dem Aufteilungsplan ersichtlich". Bei dieser Sachlage kann die verbale Beschreibung, obwohl sie die Kellerräume nicht ausdrücklich nennt, nicht so verstanden werden, als werde damit eine inhaltlich vom Aufteilungsplan abweichende Aufteilung erklärt, sondern es handelt sich ersichtlich nur um eine plastische Hervorhebung der wesentlichen Merkmale des jeweiligen Wohnungseigentums…“

    Dieser Sichtweise hat sich auch das OLG Frankfurt 20. Zivilsenat, im Beschluss vom 23.04.1997, 20 W 135/97, angeschlossen, indem es ausführt: „Obwohl sich aus dem Text des § 2 der Teilungserklärung, in dem beschrieben wird, welche Räume zu welchem Sondereigentum gehören sollen, nicht ergibt, dass der Trockenboden dem Sondereigentum der Wohnung 2 zugeordnet wird, kann wegen der zweifelsfreien Kennzeichnung des Trockenbodens in dem Aufteilungsplan mit der Ziffer 2 kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass der Trockenboden zum Sondereigentum der Wohnung 2 gehört. Denn im Anschluss an die verbale Beschreibung der drei Sondereigentumseinheiten in § 2 wird in § 3 der Teilungserklärung "wegen Lage und Größe" der Sondereigentumsräume auf den beigefügten Aufteilungsplan verwiesen. Die verbale Beschreibung von Gegenstand und Umfang des Sondereigentums wird also durch die Bezugnahme auf den Aufteilungsplan ergänzt. Dann aber kann sie, obwohl sie den Trockenboden nicht ausdrücklich nennt, nicht so verstanden werden, als werde damit eine inhaltlich vom Aufteilungsplan abweichende Aufteilung erklärt, sondern es handelt sich ersichtlich um eine veranschaulichende Hervorhebung der wesentlichen Merkmale des jeweiligen Sondereigentums (OLG Köln NJW-RR 1993, 204 = aaO; Haegele/Schöner/Stöber GBR 10. Aufl. Rn 2854 Fn. 15 a; vgl. auch Henkes/Niedenführ/Schulze WEG 3. Aufl. § 1 Rn. 14; a.A. LG Köln Rpfleger 1992, 478)…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank, Prinz, für die Entscheidungen!

    Zum Zeitpunkt der Bewilligung der 1. Teilungserklärung lag die Abgeschlossenheitsbescheinigung noch gar nicht vor...
    In der Gemeinschaftsordnung wurde bei den "Begriffsbestimmungen" als Teileigentum zwar nur "das Sondereigentum an nicht Wohnzwecken dienenden Raumeinheiten eines Gebäudes (hier die Räume Nr. 51 im 2. Kellergeschoss)" bezeichnet, aber das spielt wahrscheinlich wegen des "Wohnungsbegriffs" keine Rolle...

    Ich denke, du hast Recht...

    Allerdings ergab meine Nachfrage beim Verwalter (=ursprünglicher Bauträger), dass man dort eher zu der Meinung tendiert, die Keller seien kein Sondereigentum. Außerdem wurden mittlerweile intern Keller getauscht und entsprechend an Käufer "weitergegeben" (wobei in den Kaufverträgen keine Keller erwähnt werden...).

  • ....Allerdings ergab meine Nachfrage beim Verwalter (=ursprünglicher Bauträger), dass man dort eher zu der Meinung tendiert, die Keller seien kein Sondereigentum. Außerdem wurden mittlerweile intern Keller getauscht und entsprechend an Käufer "weitergegeben" (wobei in den Kaufverträgen keine Keller erwähnt werden...).

    Ach Du dickes (Oster-) Ei.

    Wie können denn Keller „intern“ getauscht werden, wenn sie im Gemeinschaftseigentum verblieben sind? Dann wäre die Verfügungsberechtigung des einzelnen Sondereigentümers (Tausch) ja gerade ausgeschlossen. Auch der Verband der Wohnungseigentümer könnte darüber nicht verfügen (s. dazu OLG München, Beschluss vom 22.01.2010, 34 Wx 125/09)

    Und wenn die Kellerräume nicht zum Sondereigentum hätten erklärt werden sollen, dann wären sie auch nicht mit der (nur) für die Darstellung des Sondereigentums vorgesehenen ziffernmäßigen Kennzeichnung nach § 7 IV Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz und Satz 2 WEG zu versehen gewesen.

    Dass sie zum Zwecke der Aufteilung mit diesen Ziffern versehen wurden, also gerade nicht im Gemeinschaftseigentum verbleiben sollten, ergibt sich aus dem von Dir oben wiedergegebenen Sachverhalt:

    „6 Monate nach der Ersteintragung wurde folgender Nachtrag zur Teilungserklärung vorgelegt:

    "Der Inhalt des Wohnungs- und Teileigentums wird wie folgt abgeändert:
    Für die Aufteilung der Räume im 1.- 3. Kellergeschoss des Gebäudes sowie für die Lage und Größe der im gemeinschaftlichen Eigentum sowie im Teileigentum stehenden Gebäudeteile soll nicht maßgebend sein…, sondern die Teilungserkl. v. 1.3.1967 i.V.m. dem Aufteilungsplan für das 1. - 3. Kellergeschoss, der der heutigen Erklärung beigeheftet ist.
    Auch nach diesem Aufteilungsplan für das 1. - 3. KG sind die Räume in sich abgeschlossen, wie sich aus der Bescheinigung der Stadt ... ergibt.“

    Dass das Teileigentum (= an den mit Nr. 51 bezeichneten im 2. Kellergeschoss liegenden Räumen) hinter dem „sowie..“ gesondert erwähnt wird, die Kellerräume Nrn. 1 bis 50 hingegen nicht, ist unerheblich, weil die zu einem Wohnungseigentum gehörenden Kellerräume als unselbstständige Einzelräume von Sondereigentum an einer Wohnung kein selbständiges Teileigentum darstellen (s. Briesemeister in Keller/Munzig, Grundbuchrecht – Kommentar, 7. Auflage 2015, Einleitung § 5 -Wohnungs- und Teileigentum- RN 27; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 07.04.2011, 20 W 156/11, Rz. 6 mwN)
    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:4566278

    Auch aus der Nichterwähnung der Kellerräume im Eintragungstext selbst ergibt sich mE nicht, dass der seinerzeit sachbearbeitende Rechtspfleger insoweit nicht auf den Aufteilungsplan Bezug nehmen wollte (s. dazu BGH 5. Zivilsenat Urteil vom 30.06.1995, V ZR 118/94)

    Falls tatsächlich ein Kellertausch stattgefunden hat, würde ich allerdings den Verwalter bitten, für den grundbuchmäßigen Vollzug Sorge zu tragen, damit es -etwa bei der Zwangsversteigerung- keine Probleme gibt. Frage ist, ob bei positiver Kenntnis und einer Verfügung über das betreffende Wohnungseigentum auf der Voreintragung des geänderten Zustands bestanden werden kann (zur Voreintragung bei fehlenden Zuschreibung eines Sondernutzungsrechts s. OLG München 34. Zivilsenat, Beschluss vom 13.10.2016, 34 Wx 185/15, Rz. 21)
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-18363?hl=true

    Frohe Ostern !

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ja, ich bin jetzt auch überzeugt, dass die Kellerräume Sondereigentum sind.

    Es tut sich was...
    Jetzt hat tatsächlich ein Wohnungseigentümer beim Zivilgericht Klage auf Herausgabe seines Kellers (mit derselben Nummer wie die Wohnung) erhoben...

    Mal sehen, wie der Richter entscheidet...

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