Weniger als vier Raten

  • In einem Räumungsschutzverfahren habe ich PKH unter Beiordnung bewilligt und für einen der drei Schuldner Ratenzahlung angeordnet. Große Erfahrungen in diesem Bereich habe ich nicht, deshalb habe ich mir zu spät Gedanken über den Gegenstandswert und damit über die Höhe der anfallenden Kosten gemacht. Angaben, um den Wert zu berechnen, hatte ich nicht angefordert und ergaben sich nicht. Nachträglich stellte sich heraus, dass die Kosten keine vollen vier Raten ausmachen.

    Die Geschäftsstelle erklärt mir nun, die Raten könnten so nicht eingefordert werden, das Programm erfordere mindestens 4 volle Raten (ggf. zzgl. einer Restrate), und verlangt von mir die Änderung des Beschlusses. Nachträglich sehe ich dafür von Amts wegen keine Handhabe.

    Kann ich ohne Beschwerde den Beschluss ändern?
    Ist es tatsächlich nicht möglich, die Raten einzuziehen? Wir sind in Niedersachsen.
    (Die Geschäftsstelle spricht von Sollstellung, soweit ich mich erinnere, werden Raten aber nur eingefordert, nicht zum Soll gestellt. Vielleicht verwechselt sie etwas?)

  • Ich denke, eine amtswegige Aufhebung des Beschlusses kommt nicht in Betracht.

    Rechtsprechung und Literatur erfordern für eine Aufhebung gem. § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einhellig, dass die ursprüngliche PKH-Bewilligung auf einer falschen oder unvollständigen Angabe der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Pkh-Partei beruht - anders als in Nr. 2 allerdings unverschuldet.
    So liegt Dein Fall allerdings nicht. Der Bewilligung liegt eine unzutreffende (bzw. im Hinblick auf die Bagatellgrenze des § 115 Abs. 4 ZPO gar nicht vorgenommene) rechtliche Bewertung durch das Gericht zugrunde, die im Nachgang so nicht korrigiert werden kann.

    Ich kenne euer Kassensystem nicht, gehe aber wie Du auch nicht davon aus, dass die Geschäftsstelle technisch tatsächlich eine Sollstellung der PKH-Raten meint.
    Ich nehme an, eure Einziehungsbehörde führt Nichtsollkonten für die PKH-Partei, in denen die Ratenzahlungspläne mit Teilfälligkeiten hinterlegt sind. Insofern wird von der Geschäftsstelle der Zahlungsplan an die Einziehungsbehörde übermittelt, die Kostenforderung aber - anders als bei einer Sollstellung - nicht zur (ggf. auch zwangsweisen) Einziehung übertragen.

  • Beschwerderecht der Staatskasse nach § 127 III ZPO kommt auch nicht in Betracht, weil ja gerade Raten angeordnet sind.


    124 I Nr.3 ZPO? Zählt 115 IV zu den "persönlichen und wirtschaftlichen" Voraussetzungen der PKH? So könnte man argumentieren ... 124 I Nr.3 setzt auch kein Verschulden voraus. Wenn man den Beschluss unbedingt aus der Welt schaffen will, wäre das einen Versuch wert.



    Andererseits ist es natürlich Sache der Justizverwaltung, Hilfsprogramme zur Verfügung zu stellen, die mit den von den unabhängigen Entscheidern getroffenen Beschlüssen umgehen können, und nicht Sache der Entscheider, sich den Programmen anzupassen. Somit wäre der erste Ansprechpartner deiner Geschäftsstelle eigentlich die IT-Stelle, nicht der Entscheider. Als Kostenbeamter können wir ja auch in die Verlegenheit kommen, Beschlüsse umsetzen zu müssen, die wir für falsch halten.


    Zitat

    Rechtsprechung und Literatur erfordern für eine Aufhebung gem. § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einhellig, dass die ursprüngliche PKH-Bewilligung auf einer falschen oder unvollständigen Angabe der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Pkh-Partei beruht


    Zöller, 30.Auflage, Rn.11 fordert gerade das nicht. Da werden die Beispiele "falsche Gebührenberechnung" und "zu hoch kalkulierte Beweiskosten" gebracht. Beide haben wohl nichts mit den Angaben der PKH-Partei zu tun, sondern mit Fehlern des Gerichts, so wie hier.

  • Ist doch gar kein Prob. Anordnung zur Rate (wie die Nr. bei Euch heißt k.A.) an Kasse, als Gesamtbetrag, wie üblich fiktiven Höchstbetrag und dann Änd.AO mit dem konkreten Betrag nachsenden, "überzahlte Beträge können zurückerstattet werden".

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • In den Zöller hatte ich auch kurz geschaut und meinte das so verstanden zu haben. Das Gesetz setzt nämlich in §124 I Nr. 3 ZPO auch ausdrücklich kein Verschulden voraus. Es wird vielmehr an objektive Kriterien angeknüpft. Da ich die Gesetzesbegründung aber nicht gelesen habe mag der Wortlaut einen auch täuschen. Eine Aufhebung diesbezüglich ist m.E. aber auch nicht unbillig, da der Partei nur etwas verloren geht was sie ohnehin nie hätte beanspruchen können.
    Die Möglichkeit Ratenvereinbarung mit der Vollstreckungsbehörde bleibt unberührt.

  • wie wobder.

    Eine Aufhebung nach § 124 I Nr. 3 ZPO sehe ich nicht veranlasst. Ich sehe hier auch ausnahmsweise keine Säumnis der Landesjustizverwaltung bei der EDV, da es ja schließlich gesetzlich verboten ist, weniger als vier Rate einzuziehen. Die EDV soll ja nur gesetzliche Anwendungen ermöglichen.

  • Wenn man den Beschluss unbedingt aus der Welt schaffen will, wäre das einen Versuch wert.

    Eine Aufhebung diesbezüglich ist m.E. aber auch nicht unbillig, [...]

    Sorry, aber da fällt mir nichts mehr zu ein, wenn ich sowas lese.

    da es ja schließlich gesetzlich verboten ist, weniger als vier Rate einzuziehen. Die EDV soll ja nur gesetzliche Anwendungen ermöglichen.

    § 115 Abs. 4 ZPO gilt nicht bei Kostenstundung nach § 4b InsO. Daher muss ein Kostenprogramm in der Lage sein, < 4 Raten zu verarbeiten.

  • Sorry, aber da fällt mir nichts mehr zu ein, wenn ich sowas lese.

    Darf ich fragen, warum?

    Als Rechtspfleger ist man Gesetz und Gewissen unterworfen. Wenn man der Meinung ist (Gewissen), der Beschluss müsse weg, dann muss man im Gesetz eine Stütze dafür finden. Gesetze sind der Interpretation unterworfen, und bei der Interpretation muss man (neben den bekannten Auslegungsmethoden) auch sein Gewissen beachten, um nicht in Rabulistik zu verfallen. Schließlich kommt man zu einer Interpretation, die man selbst (Gewissen) für vertretbar hält (oder auch nicht). Dann kann man sie anwenden. Wenn dagegen Rechtsmittel eingelegt wird, erfährt man, ob des Remi-Gericht sie auch für vertretbar hält. Darauf bezog sich mein "Versuch". Ich sage nämlich einem Kollegen hier im Forum nicht: "Das musst du so machen". Aber ich halte den Weg über die Aufhebung nach § 124 I 3 ZPO für absolut vertretbar, und der Zöller unterstützt mich dabei.

  • Der Änderungswunsch der Geschäftsstelle ging selbstverständlich nicht dahin, den Beschluss aufzuheben (dass das unzulässig wäre, steht für mich außer Frage), sondern die Raten herabzusetzen. Dann würde es mit 4 Raten plus Schlussrate passen. Aber auch dafür sehe ich keine Rechtsgrundlage.

  • Ich finde den Vorschlag von Wobder sehr gut, rechtlich sauber und auch praktisch umsetzbar:

    Schritt 1: Anordnung der Raten-PKH gemäß dem Kenntnisstand bei Entscheidung, das heißt mit fiktiven 48 Monatsraten.
    Schritt 2 (etwas später): Änderungsanordnung gemäß dem aktuellen Kenntnisstand, das heißt Reduzierung auf die von der PKH-Partei zu tragenden Kosten.

  • Ist aber schon lustig, dass alle sich Gedanken darüber machen, wie der Beschluss aufzuheben oder abzuändern ist, weil die Geschätftsstelle nicht weiß, wie sie es umsetzen soll. Erinnert schon an den Sketch in "Little Britain" -
    "Computer sagt Nein". Wäre der erste Ansprechpartner bei so was nicht eigentlich der Haushalts-Sachbearbeiter?

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