Fürsorgepflicht des Gerichts zum Vorliegen der Antragsvoraussetzungen gem. § 300 InsO

  • Nix da, Rn. 20 der Entscheidung. Absoluter Vorrang der Verfahrenskostendeckung. Das schließt die Bildung von Rückstellungen für die zu erwartenden Kosten mit ein.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Zitat

    Eigentlich nicht, weil mit der Jahresverteilung lediglich ein Vorschuss für das abgelaufene Treuhänderjahr entnommen wird. Alles andere wird -also ohne Rückstellung- verteilt.

    Na in dem Fall sind die Verfahrenskosten doch gedeckt. Nur eben nicht durch Bares sondern durch einen Regressanspruch gegen den fehlerhaft handelnden Insolvenzverwalter :teufel:

    Spass beiseite. Ja, die Entscheidung geht von einer Prognoseentscheidung aus. Aber letztlich würde ich hier Fleur zustimmen. Es ist, abgesehen von verbindlich zugesagten Einkommen sicher solventer Schuldner, (also letztlich wohl nur der öffentlichen Hand) fast kein Fall denkbar in dem zukünftige Einnahmen so sicher angenommen werden können, dass es angemessen wäre, keine Rückstellungen zu bilden.

    Rein als Kontrollüberlegung: Warum sollte der Schuldner, der ausreichend Geld eingezahlt hat, darunter leiden, dass hier aufgrund einer fehlerhaften Prognose zu viel geschüttet wurde? Er hat auf den Vorgang ja keinerlei Einfluss. Von daher kann er auch nicht das Risiko tragen.

  • Rein als Kontrollüberlegung: Warum sollte der Schuldner, der ausreichend Geld eingezahlt hat, darunter leiden, dass hier aufgrund einer fehlerhaften Prognose zu viel geschüttet wurde? Er hat auf den Vorgang ja keinerlei Einfluss. Von daher kann er auch nicht das Risiko tragen.

    :daumenrau

    Zumal die Gläubiger auch nicht schlechter gestellt werden. Sollte entgegen einer negativen Prognose in der WVP ausreichend Mittel an den Treuhänder fließen, ist die Rückstellung aufzulösen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich habe auch in einer Sache einen Antrag auf Erteilung nach 5 Jahren bereits mit Aufhebung des Verfahrens bekommen. Da die Kosten des eröffneten Verfahrens gedeckt waren und wir in der WVP immer Rückstellungen bilden, sehe ich keinen Grund des Antrag zurückzuweisen. Der schlummert jetzt in der Akte bis die 5 Jahre um sind.
    Ich sehe mich bislang nicht in der Pflicht, den Schuldner auf die Möglichkeit der Verkürzung hinzuweisen. Es dürfte dem Schuldner doch zuzumuten sein, sich für die Aussicht auf ein erspartes Jahr mit Treuhänder oder Gericht in Verbindung zu setzen und die Frage der Kostendeckung zu klären. Aber wir haben das hier noch nicht zu Ende diskutiert.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Fällt es eigentlich auch unter die Fürsorgepflicht des Gerichts, dem Schuldner einen Hinweis zu erteilen, wenn - ggf. auf Geheiß des Gerichts - keine Rückstellung für die WVP gebildet worden ist?

  • Fällt es eigentlich auch unter die Fürsorgepflicht des Gerichts, dem Schuldner einen Hinweis zu erteilen, wenn - ggf. auf Geheiß des Gerichts - keine Rückstellung für die WVP gebildet worden ist?

    Diese Frage finde ich in der Tat sehr interessant, weil genau dieser Fall in der Praxis häufig vorkommt.
    Laut BGH soll in einigen Fällen (mit der Schlussverteilung) keine Rückstellung für die Kosten der WVP gebildet werden. Das bedeutet doch, dass eine Kostendeckung gerade nicht eindeutig ist. Lässt also auf kein Fürsorgebedürfnis sprechen.
    Spätestens nach Ablauf des ersten Treuhänderjahrs ist die Kostendeckung aber eindeutig, wenn der TH Rückstellungen bildet. Anweisungen zur Verteilung der Rückstellungen in der WVP gebe ich grundsätzlich nicht, aber viele TH bilden gerade keine Rückstellungen in der WVP.

    Ich muss also in jeder Akte den konkreten Einzelfall prüfen und ggf. mein Fürsorgebedürfnis nachkommen. Viele Akten hängen auch auf Frist. Das macht es ja so kompliziert.

  • Die Frage geht weiter:
    Kann der Schuldner einem Antrag des TH nach §298 InsO aufgrund fehlender Rückstellungsbildung begegnen? M.E. ja.

    Wenn keine Rückstellungsbildung erfolgt, muss gestundet werden, da zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Stundungsantrag für die WVP nicht sicher vorhersehbar ist, dass die gesamten anfallenden bzw. offenen Kosten aus pfändbaren Einnahmen gedeckt werden können.

    Laut BGH soll in einigen Fällen (mit der Schlussverteilung) keine Rückstellung für die Kosten der WVP gebildet werden. Das bedeutet doch, dass eine Kostendeckung gerade nicht eindeutig ist. Lässt also auf kein Fürsorgebedürfnis sprechen.

    Wieso? Ohne Kostendeckung müsste es doch gerade ein erhöhtes Fürsorgebedürfnis geben.

    Spätestens nach Ablauf des ersten Treuhänderjahrs ist die Kostendeckung aber eindeutig, wenn der TH Rückstellungen bildet. Anweisungen zur Verteilung der Rückstellungen in der WVP gebe ich grundsätzlich nicht, aber viele TH bilden gerade keine Rückstellungen in der WVP.

    Eindeutig ist es aber nur, wenn dann alle entstandenen und noch anfallenen Kosten gedeckt sind.

    Obwohl Du ein Fürsorgebedürfnis des Gerichts bejahst, lässt Du also zu, dass der Treuhänder durch Ausschüttung ohne Rückstellungsbildung also ggf. dafür sorgt, dass der Schuldner keine vorzeitige RSB erlangen kann?

    Ich muss also in jeder Akte den konkreten Einzelfall prüfen und ggf. mein Fürsorgebedürfnis nachkommen. Viele Akten hängen auch auf Frist. Das macht es ja so kompliziert.

    Dann musst Du Dir alle Akten sukzessive vorlegen lassen. Was machst Du dann aber, wenn Du feststellst, dass der Schuldner einen Antrag nach §§ 850 ff ZPO stellen könnte? Diesbezüglich wäre er auch zu befürsorgen, andererseits schwindet dadurch vielleicht die Aussicht auf vorzeitige RSB. Schreibst Du dem Schuldner dann, dass er einen Antrag stellen kann, sich das aber gut überlegen soll?

  • Hallo,
    passt nicht 100 %-ig zum Thema, ich hänge mich aber trotzdem mal ran:

    In meinem Fall wurde bereits mit Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorsorglich für den Fall, dass hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, die Erteilung der Restschuldbefreiung nach 3 bzw. 5 Jahren beantragt.
    Eröffnungsbeschluss ist von gestern. Die gesetzlichen Voraussetzungen liegen natürlich noch nicht vor.

    Was mache ich nun mit dem Antrag?

    LG Manja

  • Ich würde den Antrag als unzulässig zurückweisen, da die Voraussetzungen (noch) nicht erfüllt sind. Ich meine, der Antrag ist erst zulässig, wenn tatsächlich eine ausreichende Masse vorhanden ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken (§ 300 Absatz 1 Satz 2 am Anfang).

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • 3 J. liegen lassen und dann entscheiden

    Sorry, da halte ich garnix von. Dies liefe auf folgendes heraus:
    1. ich stell da mal einen unzulässigen Antrag
    2. das Gericht überwacht dann shön für mich, dass er irgendwann zulässig werden könnte
    3. wenn das Gericht da einen Fehler macht, aber dann !!!!

    Der hier genannte Fall ist für mich das Absrus-Beispiel für einen unzulässigen Antrag (so auch in einem Vortrag von mir zu dem Thema).

    Nach der Änderung des § 300 InsO hatte ich folgende "Zulässigkeitsformel" für mich: wenn alle materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, mit Ausnahme des Zeitablaufs ist der Antrag (grds.) zulässig.

    Prompt bekomme ich den Fall auf den Tisch, bei dem 6. Wochen vor Fristablauf der Antrag gestellt wird, und die Voraussetzungen (materiell) - genauer: der Mittelzufluss aus lfd. Einkommen - noch nicht vorlag, jedoch 3 Wochen später im Falle normalem Verlauf eintreten wird. Den hab ich dann nicht zurückgewiesen, sondern in der Tat erstmal entsprechend verfristet.
    Instruktiv i.Ü. hierzu: Frind, ZInsO 2017, 814

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ein Verkürzungsantrags nach § 300 I 2 Nr. 2 InsO kann auch zulässig außerhalb der Dreijahresfrist gestellt werden. Die Verfahrenskosten, die Masseverbindlichkeiten sowie der Zahlungsbetrag müssen stichtagsbezogen berücksichtigt werden. Die Mindestquote muss innerhalb von drei Jahren nach Eröffnung an den Verwalter geflossen sein. Eine Hinweispflicht auf das Vorliegen der Verkürzungsvoraussetzungen besteht weder seitens des Insolvenzgerichtes noch des Verwalters.

    BGH, Beschl. v. 19.09.2019 – IX ZB 23/19, NZI 2019, 934

  • F* der IX'e ist meiner Meinung (oki, die kannte ja er nicht) ich sollte mein Leben überdenken :wechlach:

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