Erbschein bei § 2102 BGB?

  • Eheleute A und B setzen sich im Erbvertrag gegenseitig zu befreiten Vorerben ein. Nacherben sind zu gleichen Teilen Kinder C und D, ersatzweise deren Abkömmlinge. Nacherbfolge tritt bei Tod des Zweitversterbenden oder bei seiner Wiederheirat ein. Pflichtteilsstrafklausel. Alle Bestimmungen vertragsmäßig und nicht einseitig änderbar.

    A + B zunächst Miteigentümer je 1/2. B ist inzwischen als Alleineigentümer mit Nacherbenvermerk eingetragen. B ist verstorben.

    C und D setzten sich auseinander und erklären in der Urkunde: Nach dem not. Testament sind wir Nacherben nach dem Zweitversterbenden. Wir meinen dass für unsere Erbauseinandersetzung das notarielle Testament rechtlich entscheidend ist. Eidesstattliche Versicherung zum Pflichtteil ohne Belehrung durch Notar und Löschungsantrag Nacherbenvermerk folgen.

    B hat diverse privatschriftliche Testamente verfasst. Darin spricht er von "Erbvollstreckung" durch C, "Abänderung des notariellen Testaments" durch Zuweisung von Nachlassgegenständen an C und D (so setzen sie sich dann auch auseinander).

    Wenn man z.B. bei Beck OK § 2102 BGB liest, dann sind ja C und D als Erben auch für den 1/2 Anteil des B eingesetzt, falls kein abweichender Erblasserwille feststellbar ist. Das soll aber regelmäßig keine vertragsmäßige Bindung haben und testamentarisch durch den Überlebenden geändert werden können. Und dann kommen Entscheidungen dafür und dagegen und "offen gelassen vom BGH".

    Würdet ihr einen Erbschein nach B verlangen?

  • Ich hätte - vorbehaltlich des konkreten Wortlauts des Testamentes - gar keine Zweifel gehabt:oops: und eingetragen. Habe jetzt auch noch mal nachgelesen und im Münchener Kommentar die Fundstelle für einen Aufsatz gefunden. Habe ich jetzt nur überflogen, aber scheint mich zu bestätigen;):

    DNotZ 1988, 147
    Stryk: Zur Anwendbarkeit von § 2102 Abs. 1 BGB bei der Auslegung gemeinschaftlicher Testamente

  • Ich hätte als Grundbuchsachbearbeiterin einen Erbschein nach dem Überlebenden verlangt. Es ist eine Auslegungsmöglichkeit, wenn man nach Ermittlung zu keinem anderen Ergebnis kommt. Die Ermittlung ist Sache des Nachlassgerichts, nicht des GBA.

  • Ich hätte - vorbehaltlich des konkreten Wortlauts des Testamentes - gar keine Zweifel gehabt:oops: und eingetragen.

    Und die privatschriftlichen Testamente ignoriert?

    Genau die stören mich auch. Wenn man allerdings von einer Bindungswirkung ausgeht, dann wären sie wieder unbeachtlich.

  • Ich habe dazu in Rpfleger 2010, 635, 650 folgendes geschrieben:

    Nach einer Entscheidung des OLG Celle soll das Grundbuchamt zum Nachweis der Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten einen Erbschein verlangen können, wenn das vorgelegte gemeinschaftliche Testament keine ausdrückliche Schlusserbeneinsetzung, sondern nur eine gegenseitige Vorerbeneinsetzung der Eheleute und eine Nacherbeneinsetzung zugunsten der gemeinsamen Abkömmlinge enthält.[212] Dies erscheint nicht zutreffend, weil das Grundbuchamt beim Nachweis der Erbfolge auch gesetzliche Auslegungsregeln zu berücksichtigen hat und sich die Erbenstellung der Abkömmlinge nach dem überlebenden Ehegatten daraus ergibt, dass sie als Ersatzerben an die Stelle des zum Vorerben eingesetzten erstverstorbenen Elternteils treten (§ 2102 Abs. 1 BGB).[213]


    [212] OLG Celle FamRZ 2010, 929 = ZEV 2010, 95 m. Anm. Heinze.
    [213] Heinze ZEV 2010, 95, 96.

    Im vorliegenden Fall fragt sich allerdings, ob sich hieran wegen den nachfolgenden privatschriftlichen Testamenten des überlebenden Ehegatten und der sich insoweit stellenden Frage der Bindungswirkung etwas ändert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die privatschriftlichen Testamente - ihre Wirksamkeit unterstellt - die Erbfolge verändern oder andere Erbquoten vorsehen würden oder wenn sie andere grundbuchrelevante Verfügungen (wie etwa die Anordnung einer Testamentsvollstreckung) enthalten.

  • Die grundsätzliche Frage ist nach meiner Einschätzung erst mal zunächst, ob das Grundbuchamt in eigener Prüfung und Verantwortung eine Bindungswirkung verneint oder nicht. Danach können die privatschriftlichen Testamente unter Umständen unberücksichtigt bleiben und es ist auf die Auslegungsregel § 2102 BGB zurückzugreifen. (Elegant) ist natürlich, wenn die Bindungswirkung verneint wird und die privatschriftlichen Testamente sehr wohl zu berücksichtigen sind und die Erbfolge unter Umständen ändern würde. (auch Beschwerung mit TV) Dann ist das Nachlassgericht in einem Erbscheinverfahren mit im Boot.

  • Wär interessant, ob es beim anderen Amtsgericht schon eingetragen wurde, oder die auch Bedenken haben (weiteres Grundstück in der Hauptstadt).

    Es sind zwei Grundstücke da und viel Bargeld. Wertmäßig erhält C ca. 2/3 des Nachlasses, D 1/3. So hat es B in den privatschriftlichen Testamenten verteilt.

    Ich frag mich halt, was ein Erbschein bringt, wenn sich die einzig in Frage kommenden Miterben gütlich auseinandersetzen. Bliebe nur die fehlende Belehrung bei der e.V. wegen Pflichtteilsstrafklausel zu beanstanden.

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