Genehmigung Auslegungsvertrag

  • Die 88-jährigeLebensgefährtin des 90 jährigen Betreuten A ist verstorben und hat 4 Wochen vor ihrem Tod im Krankenhaus ein Testament aus 3 nicht nummerierten Blättern „gekrizelt“,in dem sie u.a. ihre Haushälterin B zur Alleinerbin eingesetzt hat. Nur ein Blatt ist unterschrieben. Ob damit auch die Alleinerbeinsetzung der Haushälterin abgedeckt ist, ist nicht eindeutig, da gerade dieses Blatt nicht unterschrieben ist. Die Lebensgefährtin stand auch unter Betreuung. DieTestierfähigkeit ist nicht eindeutig geklärt.
    Es liegt ein früheresnotarielles Testament aus dem Jahr 1995 vor, in dem sie ihren Lebensgefährten Aeingesetzt hat.

    Es soll jetzt ein sog.Auslegungsvertrag zwischen A, vertreten durch den Betreuer, und der HaushälterinB notariell abgeschlossen werden, in dem vereinbart bzw. ausgelegt wird:
    A ist Alleinerbe.
    Die Haushälterin B erhält das Wohn- und Geschäftshaus mit einem Wert von 600.000.--€.
    A bekommt hieran den Nießbrauch auf Lebenszeit.
    Neben dem Wohn- und Geschäftshaus ist noch Geldvermögen von 250.000.--€ vorhanden.
    Kann ein solcher Auslegungsvertrag betreuungsgerichtlich genehmigt werden ?

  • Ich würde auch warten was das NLG sagt. Spätestens im ErbschVerfahren müssen die sich dazu äußern ob das letzte Testament wirksam errichtet worden ist oder nicht. Ich würde den Betreuer dazu bewegen einen Antrag auf einen Erbschein zu stellen. Sollte dabei raus kommen, dass das zweite Testament wirksam errichtet wurde, dann würde ich mir Gedanken um evtl. Verträge machen.

  • Das ist kein schuldrechtlicher Auslegungsvertrag, sondern ein schuldrechtlicher Vertrag über die Begründung von wechselseitigen Ansprüchen, um Streitigkeiten bei der Beurteilung der Wirksamkeit des im Krankenhauses errichteten Testaments unabhängig davon aus dem Weg zu gehen, wie das Nachlassgericht (oder das Beschwerdegericht) die Angelegenheit letztlich rechtlich beurteilt. Solchen Verträgen ist immanent, dass das Vereinbarte kraft Erbrechts nicht eintreten kann, weil nach Sachlage nur etweder der Lebensgefährte oder die Haushälterin zum Alleinerben berufen sein kann. Demzufolge ist es auch Bestandteil solcher Verträge, dass wechselseitig auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die nachlassgerichtliche Entscheidung verzichtet wird, um die Nachlassangelegenheit erstinstanzlich zum Abschluss zu bringen und den Nachlass dann so zu verteilen, wie der schuldrechtliche Vertrag das vorsieht. Auch erbschaftsteuerrechtlich werden solche Vereinbarungen anerkannt und der Besteuerung zugrunde gelegt.

    Mit anderen Worten: Ein solcher Vertrag macht nur Sinn, wenn der Ausgang der Dinge objektiv ungewiss erscheint und man die wechselseitigen Risiken möglichst beschränken möchte. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist eine Frage des Einzelfalls und hiernach beurteilt sich auch die Genehmigungsfähigkeit.

    Der Rat, erst mal abzuwarten, was das Nachlassgericht meint, ist nach meiner Ansicht kontraproduktiv. Solche Verträge werden gemeinhin ja geschlossen, um der einen oder anderen Partei gerade nicht die Wohltat oder den Nachteil einer bereits geäußerten nachlassgerichtlichen Rechtsauffassung zuteil werden zu lassen. Aber insoweit erscheint der Sachverhalt auch etwas dünn, denn es wird nicht mitgeteilt, welche rechtlichen Erkundigungen der Betreuer ggf. bereits eingezogen hat, so dass es ihm im Lichte der betreffenden Erkenntnisse dann angezeigt erschien, einen solchen Vertrag zu schließen. Mit anderen Worten: Es fehlt die gesamte Vorgeschichte (auch im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten bereits geführten Verhandlungen), die dann zu der Überlegung geführt hat, eine solche Vereinbarung in Erwägung zu ziehen.

  • Ob der Haushälterin ein Erbschein erteilt wird, ist bei der komplizierten Rechtslage völlig offen. Auf jeden Fall wird gegen die Erteilung eines Erbscheins Beschwerde eingelegt werden, was das Verfahren weiter verlängern wird. Ob der Betreute den Ausgang eines Erbscheinsverfahrens erlebt, ist fraglich. Deshalb der Auslegungsvertrag.
    Nach der herrschenden Meinung ist das Nachlassgericht an einen Auslegungsvertrag nicht gebunden und kann einen Erbschein abweichend vom Auslegungsvertrag erteilen.
    OLG München NJW-RR 2011, 12 (Einziehung des Erbscheins 15 Jahrespäter); zust. Baumann RNotZ 2011, 33. – OLG Frankfurt ZEV 2001, 316 (318). KG FGPrax 2004, 31 = Rpfleger 2004, 101 (102).

    Ein Auslegungsvertrag muss eine mögliche Auslegung betreffen. Dies liegtm.E. hier nicht vor.
    Auch im Hinblick auf das Verbot unentgeltlicher Verfügungen scheint mir derAuslegungsvertrag nicht genehmigungsfähig.


    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…075?mode=detail

  • Wie ich schon gesagt hatte: Es handelt sich hier nicht um einen Auslegungsvertrag (auch wenn er irrtümlich so betitelt sein sollte), sondern um einen schuldrechtlichen Vertrag, der geschlossen werden soll, um im Verhältnis der Beteiligten eine Ungewissheit über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit eines Testaments auszuräumen. Solche Verträge sind zulässig (vgl. Palandt/Weidlich § 2385 Rn. 2). Die Ausräumung der besagten Ungewissheit lassen sich beide Beteiligten etwas kosten und insoweit hat der Vertrag Vergleichscharakter, weil jeder - schuldrechtlich - von seiner ungeschmälerten Alleinerbenstellung Abstand nimmt. Von einer unentgeltlichen Verfügung kann daher keine Rede sein und dass sich ein Auslegungsvertrag auf eine mögliche Auslegung beziehen muss, ist ebenfalls irrelevant, weil nach dem Gesagten überhaupt kein Auslegungsvertrag vorliegt.

    Es ist völlig klar, dass der Vertrag für das Nachlassgericht irrelevant ist. Es ist in seiner Entscheidung völlig frei. Wenn der Vertrag allerdings geschlossen wird, wird es auch von der durch die nachlassgerichtliche Entscheidung beschwerte Partei auch keine Beschwerde geben, weil das ja gerade der Sinn und Zweck des Vertragsschlusses ist. Und deshalb wird sich in dem Vertrag(sentwurf) auch sicher ein entsprechender Passus finden, und falls nicht, wäre er natürlich noch aufzunehmen.

    Deine Bedenken liegen also im Ergebnis neben der Sache. Man muss sich einfach das rechtliche Konstrukt eines solchen Vertrags verinnerlichen. Denn wenn ich nicht weiß, worum es überhaupt geht, kann ich auch nicht beurteilen, ob es geht (und genehmigungsfähig ist).

  • Der Vergleich ist ein gegenseitiges Entgegenkommen.
    Dient es denn im Wohl des Betreuten jahrelange Rechtsstreitigkeiten abzuwarten?
    Erlaubt der Zustand des Betreuten eine Ermittlung seines Willens?

    oder, dass das letzte Testament wirksam errichtet wurde und er nichts kriegt?

    Wäre er Alleinerbe, ist die Vereinbarung für ihn nachteilig. Erbt die Haushälterin, hat er einen sehr guten Schnitt gemacht....

  • Der Vergleich ist ein gegenseitiges Entgegenkommen.
    Dient es denn im Wohl des Betreuten jahrelange Rechtsstreitigkeiten abzuwarten?
    Erlaubt der Zustand des Betreuten eine Ermittlung seines Willens?

    oder, dass das letzte Testament wirksam errichtet wurde und er nichts kriegt?

    Wäre er Alleinerbe, ist die Vereinbarung für ihn nachteilig. Erbt die Haushälterin, hat er einen sehr guten Schnitt gemacht....


    Mit einer Genehmigung wäre ich sehr zurückhaltend.

    Beim Alter des Betroffenen ist es sehr wahrscheinlich, dass dessen Erben "bald ins Boot kommen" und ggf. die Entscheidung des Betreuers bzw. des Gerichts prüfen lassen (falls letztlich nachteilig für den Betroffenen).

    Benötigt denn der Betreute die Einnahmen aus dem Nießbrauch, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten?

  • Was soll das heißen, er benötigt ihn nicht?

    Will man jetzt vielleicht noch fragen, ob der Betroffene nicht zuviel erhält?

    Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass der Sinn und Zweck des gesamten Konstrukts nicht durchschaut wird. Und zur Genehmigungfähigkeit ist bislang überhaupt nichts an Sachverhalt gekommen. Hat sich der Betreuer rechtlich beraten lassen? Gab es bereits Verhandlungen mit der (anwaltlich vertretenen?) Gegenseite und wie sind diese Verhandlungen ggf. verlaufen? Was waren die Ausgangsstandpunkte der Beteiligten und wie ist die Einigung in der Sache im Hinblick auf Leistung und Gegenleistung dann zustande gekommen?

    Man kann nicht die Genehmigungsfähigkeit nachfragen und im Hinblick auf die hierfür relevanten Fragen nichts liefern. Auch eine Verfahrenspflegerbestellung wurde bislang nicht einmal ansatzweise angesprochen. Im Prinzip erschöpft sich der mitgeteilte Sachverhalt in der Mitteilung der erbrechtlichen Ausgangslage, an der Beschreibung dessen, was zur etwaigen Genehmigung vorliegt und an der Äußerung des nicht substantiiert dargelegten Unbehagens, eigentlich überhaupt nichts genehmigen zu wollen.

    Und mit Verlaub: Wenn es danach ginge, ob die künftigen Erben des Betroffenen eine erteilte oder nicht erteilte Genehmigung hinterfragen, könnte man überhaupt nichts mehr entscheiden. Was ist, wenn man eine Genehmigung des Vergleichs ablehnt und die Sache dann so ausgeht, dass der Betroffene überhaupt nichts erhält? Dann halten die Erben des Betroffenen wohl still?

    Wer Angst vor einer Entscheidung oder vor einer Haftung hat, soll sich ans OLG versetzen lassen und dort Reisekosten berechnen. Wird absurderweise auch besser bezahlt, als wenn täglich Millionen von Euro in Aktenform über den Tisch eines Rechtpflegers wandern.

    Im Übrigen: Schon mal daran gedacht, dass das Nachlassgericht sich gar nicht mehr viel Arbeit mit der Frage der Erbfolge macht, wenn es weiß, dass sich die Beteiligten ohnehin schon schuldrechtlich über die Verteilung des Nachlasses geeinigt haben, ganz gleich, was das Nachlassgericht entscheidet? Und in die Beschwerde wird die Sache aufgrund der Vereinbarung auch nicht gehen, so dass man durchaus vorsichtig mit der Frage umgehen muss, was an Ergebnis herausgekommen wäre, wenn es die Vereinbarung nicht gegeben hätte und das Nachlassgericht demzufolge in die Untiefen und in alle Verästelungen der Erbenermittlung hätte vordringen müssen?

  • Was soll das heißen, er benötigt ihn nicht?

    Will man jetzt vielleicht noch fragen, ob der Betroffene nicht zuviel erhält?

    ...


    :(

    Hintergrund der Frage war lediglich, ob der Betreute auf den Nießbrauch ("Spatz in der Hand") finanziell angewiesen ist, z. B. zur Deckung von Heimkosten. Da dies offenbar nicht der Fall ist, sollte man aus meiner Sicht eher versuchen, an die Taube auf dem Dach heranzukommen.

    Aus meiner Sicht sprechen dafür die fehlende Unterschrift der Erbeinsetzung der Haushälterin und die zweifelhafte Testierfähigkeit der Erblasserin.

    Was soll eigentlich mit dem Geldvermögen von 250.000,- € geschehen? :gruebel: Mag man dieses auch der Haushälterin als eventueller Alleinerbin zugute kommen lassen?

  • Wenn die schuldrechtliche Vereinbarung dahin geht, den Betroffenen als Alleinerben anzusehen, dann ist klar, dass der Betroffene das Geld erhält.

    Richtig ist natürlich, dass ein Nießbrauch bei einem hochbetagten Berechtigten natürlich nicht allzu werthaltig ist (vom etaigen Wohnen im Anwesen einmal abgesehen). Wenn ansonsten kein Nachlass vorhanden ist, würde die Haushälterin bei wirtschaftlicher Betrachtung gut 70 % und der Betroffene knapp 30 % von 850.000 € erhalten (jeweils ohne Berücksichtigung des Nießbrauchs). Dies deutet darauf hin, dass man die Chancen im Erbscheinsverfahren nicht 50 zu 50 gewichtet hat, sondern dass man es für wahrscheinlicher ansah, dass die Haushälterin obsiegen könnte.

    Das sind die eigentlichen Fragen, die für eine Genehmigungsfähigkeit von Bedeutung sind.

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