Nachlasspflegschaft aufheben?

  • Hallo,

    man möge mir das riesige Brett vor dem Kopf verzeihen, aber ich sitze gerade an einem sowieso unschönen Fall und bin mir nicht sicher, ob ich das so beenden kann:

    Erblasser ist zu Kriegszeiten verstorben und hatte testamentarische Erben, die zwar namentlich genannt waren, aber zwischenzeitlich ausgewandert, verstorben etc., also nicht mehr da sind.
    Es fielen neben generösem Bankguthaben einige Grundstücke in den Nachlass.
    Daher wurde vor über 20 Jahren eine Nachlasspflegschaft eingerichtet. Diese habe ich dann übernommen.

    Nun war es so, dass der erste Nachlasspfleger zwanzig Jahre lang nichts gemacht hat, insbesondere hat er die Grundstücke nicht verkauft, weil er auf eine Umwidmung und damit verbundene Wertsteigerung hoffte - was nicht passiert ist.

    Schließlich habe ich den Nachlasspfleger entlassen und einen neuen eingesetzt. Dieser hat die Grundstücke verkauft, sodass nunmehr nur noch Bankguthaben vorhanden ist.
    Er hat auch eine kleine Hand voll Erbeserben gefunden, aber längst nicht alle: die Zahl hat sich wie üblich durch den Zeitverlauf potenziert.

    Ich bin nun der Auffassung, dass kein Sicherungsbedürfnis mehr vorliegt, weil das Guthaben nun vollständig hinterlegt werden kann. Die gefundenen Erbeserben habe es meiner Meinung nach nun selbst in der Hand, ihre Miterben zu suchen (suchen zu lassen) und dafür durch die Hinterlegung ja 30 Jahre Zeit.
    --> Übersehe ich etwas?:gruebel:

    Der Nachlasspfleger muss doch nicht zwingend die Erben ermitteln, wenn der Nachlass gesichert ist?
    (Ich entschuldige mich nochmal für die Bretthaftigkeit dieser Frage.)

  • Das kann man so sehen. Hilft aber den bekannten Erben nicht so sehr weiter, es sei denn, es ist relativ klar wer noch als Erbe in Betracht kommt und "nur" noch ein Nachweisproblem o.ä.
    Gibt es bereits Teilerbscheine?
    Du könntest dir auch überlegen, die Nachlasspflegschaft nur teilweise - hinsichtlich der bekannten Erben - aufzuheben. Die bekannten Erben könnten sich mit dem Teil-Nachlasspfleger auseinandersetzen (Achtung: Genehmigungspflichtig) und so zumindest an ihren Anteil kommen. Der Rest wird dann hinterlegt, oder die Erben weiter ermittelt. Letzteres hängt aber auch immer davon ab, wieviel noch da ist und was schon unternommen wurde.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Es gibt mindestens zwei Personen, die nachgewiesenermaßen Erben des einen testamentarischen Erben sind.

    Weshalb ich die Pflegschaft aufheben will: Ich sehe nicht ein, wieso der Staat hier die weitere Nachforschung übernehmen sollte.

    Die Erben selbst waren ja bekannt, es ist nur nicht bekannt, was aus ihnen wurde. Ich sehe daher die bekannten Erbeserben in der Pflicht, ihre Anteile eigenständig einzufordern.

    In ähnlich gelagerten Fällen (nur Bankguthaben, Erben mindestens teilweise verschwunden) stellt sich in der Regel die Frage nicht, weil dort das vorhandene Guthaben regelmäßig durch die Kosten einer Erbenermittlung erschöpft würde.

  • Wieso stellt hier "der Staat" Nachforschungen an? Ist nicht u. a. genau dafür der Nachlaßpfleger bestellt, der aus dem Nachlaß vergütet wird?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview


  • ... die zwar namentlich genannt waren, aber zwischenzeitlich ausgewandert, verstorben etc., also nicht mehr da sind.

    Da stellt sich mir die Frage, ob nicht eigentlich hinsichtlich der "zwischenzeitlich verstorbenen" Erben jeweils Nachlasspflegschaften hätten errichtet werden müssen statt nach 'deinem' Erblasser.

    Aber jetzt ist es wohl, wie es ist.
    Ich würde erst aufheben, wenn die gesamte Erbfolge ermittelt oder der Nachlass aufgebraucht ist.


  • ... die zwar namentlich genannt waren, aber zwischenzeitlich ausgewandert, verstorben etc., also nicht mehr da sind.

    Da stellt sich mir die Frage, ob nicht eigentlich hinsichtlich der "zwischenzeitlich verstorbenen" Erben jeweils Nachlasspflegschaften hätten errichtet werden müssen statt nach 'deinem' Erblasser.

    Also § 1960 I Satz 2 BGB hat ja auch den Passus "oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat".


  • ... die zwar namentlich genannt waren, aber zwischenzeitlich ausgewandert, verstorben etc., also nicht mehr da sind.

    Da stellt sich mir die Frage, ob nicht eigentlich hinsichtlich der "zwischenzeitlich verstorbenen" Erben jeweils Nachlasspflegschaften hätten errichtet werden müssen statt nach 'deinem' Erblasser.

    Jaa, hätten sie bestimmt. Aber eben nicht bei uns ;)
    Meine hier vorliegende Pflegschaft wurde Anfang der 90er eingerichtet, weil die Grundstücke aufgetaucht sind, ich kann nicht nachvollziehen was genau damals gelaufen ist, aber ändern kann ich es auch nicht.


    Alterfalter: Es liegen keine Erbausschlagungsverfahren vor und im Eröffnungsverfahren der 40er waren alle Erben bekannt. Die Annahme dürfte daher nicht fraglich sein ;)

    Jedenfalls sehe ich jetzt wieder etwas klarer, danke an alle.

  • Hinterlegen lassen und aufheben.
    Die Erben meines Erblassers sind bekannt.

    Das sehe ich genauso. "Deine" Erben stehen fest. Die Ermittlung der Erbeserben fällt nicht in diese Zuständigkeit.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Für die unbekannten Erben ist m.E. zwingend eine Nachlasspflegschaft einzurichten. Ich verweise auf die Ausführungen des Kammergericht (NJW 1971, 565):
    "Die Sicherung und Erhaltung des Nachlassvermögens ist daher nicht Selbstzweck. Dieses Vermögen soll nicht um seiner selbst willen, sondern für diejenigen Personen, die sich als Erben herausstellen, gesichert und erhalten werden. Das erfordert jedoch auch, dass die Erben, wenn sie unbekannt sind, ermittelt werden und eine Verbindung zwischen ihnen und dem Nachlass hergestellt wird, weil dieser für sie verlorenginge, falls sie von seinem Vorhandensein und von ihrer Erbenstellung keine Kenntnis erlangen. Die Erbenermittlung ist daher eine Maßnahme der Nachlasssicherung, so dass ein (Sicherungs-)Bedürfnis zur Einleitung einer Nachlasspflegschaft allein auf Grund der Notwendigkeit gegeben sein kann, unbekannte Erben zu ermitteln, auch wenn das Nachlassvermögen in seinem Bestand selbst nicht gefährdet ist."
    Bezüglich der bekannten Erben, die unbekannten Aufenthalts sind, wäre bei Bedarf eine Abwesenheitspflegschaft einzurichten.
    Beste Grüße aus Berlin

  • Man konnte es sich an fünf Fingern abzählen, dass das Ganze wieder in den üblichen Hinterlegungsunfug münden soll, der die bekannten Erben und Erbeserben im Ergebnis rechtlos stellt, weil sie ihren Erbauseinandersetzungsanspruch nicht mehr geltend machen können.

    Eine Nachlasspflegschaft am Ursprungsnachlass ist auch zulässig, wenn die Erbeserben bekannter Miterben unbekannt sind (OLG Köln Rpfleger 2011, 158). Der zutreffende Weg ist also, nach Erteilung entsprechender Teilerbscheine über die Erbquoten, für welche alle Erben und Erbeserben bekannt sind (und entsprechender Teilaufhebung der Pflegschaft) eine Erbauseinandersetzung zwischen den in diesem Sinne bekannten Erben und Erbeserben (einerseits) und den in diesem Sinne weiterhin unbekannten Erben und Erbeserben (andererseits) vorzunehmen, so dass der verbleibende Geldnachlass nur noch den in diesem Sinne unbekannten Erben und Erbeserben für die betreffende vakante Gesamtresterbquote zusteht.

    Erst dann kann man sich Gedanken darüber machen, ob man den auf die unbekannten Beteiligten entfallenden Geldnachlass hinterlegt.

    Als Nachlasspfleger würde ich hier jedenfalls nicht hinterlegen, auch wenn das Nachlassgericht dies wünschen sollte. Dann muss das Nachlassgericht insgesamt aufheben und selbst hinterlegen und anschließend bekommt es die Dinge auf die zu erwartende Beschwerde eines oder mehrerer bekannter Erben oder Miterben vom Beschwerdegericht um die Ohren geschlagen.

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