Nicht genannte Anschrift

  • Hallo zusammen,

    ich habe hier ziemlich viele Anträge auf Erlass von gem. §850d ZPO privilegierten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen
    Gläubiger sind Kinder, die durch das hier ansässige Jugendamt vertreten werden.
    Bei der Abfassung der Anträge werden die Anschriften der Kinder stets nicht angegeben.
    Das Jugendamt argumentiert damit, dass die Anschrift nicht erscheinen sollte, weil es sein könne, dass Kind und Elternteil nicht wollen, dass der Schuldner weiß wo sie wohnen.
    Auf Nachfrage wurde jetzt in einem Verfahren mitgeteilt, Kind und Kindesmutter wünschen ausdrücklich keine Adressweitergabe, der Vater habe sich nie gekümmert, habe keinen Kontakt gepflegt und sie möchten dringend vermeiden, dass der eines Tages einfach vor der Tür steht.

    Um ehrlich zu sein, geht mir das ganz schön gegen den Strich.
    Ich meine dass man grundsätzlich ein Recht darauf hat, in einem gegen einen selbst gerichteten Verfahren zu erfahren, wer die Gegenseite ist und wo sie wohnt.
    Wer vollstrecken will muss damit leben und klar kommen

    Ausnahmen dann, wenn konkreter Anlass zur Besorgnis besteht, bspw. Fälle häuslicher Gewalt.

    Was meint ihr dazu?
    (Im Allgemeinen und im konkreten Fall)

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Ich habe damit kein Problem.
    WER die Gegenseite ist, erkennt man am Namen, dazu braucht man keine Adresse.
    Und warum muss der Schuldner in dieser Konstellation wissen, wo der Gläubiger wohnt? Da hier das Kind durch das Jugendamt vertreten wird, kann/soll eine Kontaktaufnahme (z.B. wenn er Raten anbieten will) über selbiges erfolgen.

    Don't blink. Blink and you're dead. They are fast. Faster than you can believe. Don't turn your back. Don't look away. And don't blink. Good Luck. - The Doctor

  • und wenn er Kontakt zu den Kindern haben will, soll er sich an das Familiengericht wenden. Er muss nur wissen, für welche Person er an wen zahlen muss

  • mh, aber seht ihr das auch bei jedem x-beliebigem anderen Gläubiger so?
    würdet ihr bei jedem "normalen" Gläubiger, der meint, er mag nicht so gerne, wenn der Schuldner seinen (Gesellschafts)Sitz kennt, hinnehmen, dass nur die Anschrift des Vertreters angegeben wird?
    ich bin eigentlich nicht gewillt Unterhaltsgläubiger über den gesetzlich vorgeschriebenen Umfang hinaus anders zu behandeln

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


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    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Stöber sagt: Adresse ist nur dann notwendig, wenn zur Feststellung der Gläubigeridentität oder der Wahrnehmung schutzwürdiger Belange erforderlich.

    Also: Identität ist hier wohl kaum zweifelhaft. Da ein erreichbarer Gläubigervertreter da ist, ist auch Möglichkeit 2 vom Tisch.

    Und ja-auch bei jedem x-beliebigen Gläubiger ist das so.

    Stöber- Forderungspfändung, 16. Auflage, Rn. 492, Fußnote 4.(sprich, da gib es auch ne Rechtsprechung zu)

    Ich folge dieser Meinung.

  • Mit dem Kammergericht (FamRZ 1995, 311) und demLandgericht Hannover (Beschluss vom 24. 01. 2008 –52 T 12/08-) bin ich der Ansicht, dass es der Angabe der Anschrift desGläubigers in einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur ausnahmsweise dannnicht bedarf, wenn die Identität des Gläubigers zweifelsfrei feststeht und nicht erkennbar ist, dass durch diefehlende Angabe schutzwürdige Belange des Schuldners in demVollstreckungsverfahren beeinträchtigt werden.

  • Hmm, ich zitiere mal: "Der Angabe der Anschrift des Gläubigers bedarf es einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ausnahmsweise dann nicht, wenn .."

    Hier klingt das irgendwie genau umgekehrt. Und Schutzwürdige Belange liegen doch auf der Hand. Er muss die Möglichkeit haben, über eine Gegen- oder Abänderungsklage vorzugehen.

    Wenn das nicht genügt, was sonst? Der Gläubiger wird wohl kaum selbst die Belange des Schu. vertreten und vortragen. Die ladungsfähige Anschrift gehört grundsätzlich rein, vgl. LG Kassel, 3 T 353/13.

    Das OLG nimmt ein Ausnahmeverhältnis an, wenn etwas nicht erkennbar ist. Was soll denn dann die Regel sein? Umgekehrt wird ein Schuh draus, Regel ist die Angabe der Anschrift, das Weglassen bedarf besonderer Gründe, die der Gl. ja auch vortragen kann, der Schu. kann´s gar nicht.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Hmm, ich zitiere mal: "Der Angabe der Anschrift des Gläubigers bedarf es einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ausnahmsweise dann nicht, wenn .."

    Hier klingt das irgendwie genau umgekehrt. Und Schutzwürdige Belange liegen doch auf der Hand. Er muss die Möglichkeit haben, über eine Gegen- oder Abänderungsklage vorzugehen.

    Wenn das nicht genügt, was sonst? Der Gläubiger wird wohl kaum selbst die Belange des Schu. vertreten und vortragen. Die ladungsfähige Anschrift gehört grundsätzlich rein, vgl. LG Kassel, 3 T 353/13.

    Das OLG nimmt ein Ausnahmeverhältnis an, wenn etwas nicht erkennbar ist. Was soll denn dann die Regel sein? Umgekehrt wird ein Schuh draus, Regel ist die Angabe der Anschrift, das Weglassen bedarf besonderer Gründe, die der Gl. ja auch vortragen kann, der Schu. kann´s gar nicht.


    Das sehe ich genauso und würde die fehlende Gl.-Anschrift beanstanden.

    Rein praktisch ist die Anschrift des Gläubigers auch zwingend in einem PKH-Formular anzugeben. Sollte diese nicht beantragt sein und eine Vorschussanforderung nötig sein, ist der Kasse eine Adresse des Kostenschuldners mitzuteilen (auch wenn die Zusendung der Kostenrechnung an das Jugendamt als Vertreter erfolgt).

  • also die Entscheidung des KG beschreibt so ziemlich genau meine Konstellation
    das KG ist für diese Konstellation zu dem Ergebnis gekommen, dass die aktuelle und richtige Anschrift nicht erforderlich war.

    Damals insbesondere auch maßgeblich war, dass die Gläubigerin im Verfahren vertreten war. (ob durch das Jugendamt steht nicht in der Entscheidung)
    Somit kann eine etwaige Gegen- oder Abänderungsklage auch über den Vertreter zugestellt werden.


    "Die Identität der Gläubigerin steht im vorliegenden Fall aufgrund des Vollstreckungstitels und der darin enthaltenen Angabe ihres Namens und des ihrer gesetzlichen Vertreterin sowie ihrer früheren Anschrift unzweifelhaft fest. Auch der Schuldner erhebt in bezug auf die Identität keinerlei Beanstandungen. Bei dieser Sachlage ist die Kenntnis der derzeitigen Anschrift zur Feststellung der Identität der Gläubigerin nicht erforderlich. Es ist im vorliegenden Fall auch nicht ersichtlich, daß dem Schuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren daraus ein Nachteil erwachsen kann, daß die Gläubigerin ihre Anschrift nicht angegeben hat. Insoweit ist von Bedeutung, daß die Gläubigerin einen Verfahrensbevollmächtigten hat, über den sie für den Schuldner erreichbar ist. Der Schuldner hat auch keine eigenen würdigen Belange geltend gemacht, die durch die fehlende Angabe der Anschrift beeinträchtigt würden. Der Schuldner hat allein aus dem formalen Grund, daß die Gläubigerin ihre derzeitige Anschrift nicht angegeben habe, die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses begehrt."


    Die Kosten sind mir relativ wurst; im PKH Antrag steht die Anschrift drin; im Beschluss werde ich sie weglassen (ja ich weiß, wenn der Schuldner Akteneinsicht nimmt, sieht ers trotzdem, aber ganz ehrlich: dann sieht ers eben)

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Das die Entscheidung passt, will ich auch nicht bestreiten, es gibt viele Entscheidungen, die auch für "meine" Sachverhalte passen, trotzdem überzeugen sie mich manchmal nicht. Dass der Gl. im Vollstreckungsverf. vertreten ist, hilft nichts für zukünftige Verf., da es weder eine automatische fortgesetzte Vertretungsbefugnis gibt und i.ü. der Auftrag jederzeit beendet werden kann, der gesetzl. Vertr. wird wohl nicht gemeint und genannt sein. Obsiegt der Schu. wird der BV sicher auch nicht die Kosten zahlen.

    Will das Kind mal mehr Unterhalt, muss es ohnehin seine Anschrift angeben oder schutzwürdige Belange vortragen. Zumal ich meine, dass der Eingriff in die Rechte über eine Zwangsvollstreckung (weil da ist das Geld weg bzw. hat ein anderer) weiter geht, als die reine Titulierung eines Anspruchs. D.H. wenn schon bei Titulierung notwendig, dann erst Recht bei der ZV.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • im Beschluss werde ich sie weglassen (ja ich weiß, wenn der Schuldner Akteneinsicht nimmt, sieht ers trotzdem, aber ganz ehrlich: dann sieht ers eben)

    Aber das ist doch das Argument, dass weglassen der Anschrift sinnlos ist. Der Schuldner hat immer Akteneinsichtsrechts, sich über ein Weglassen im Beschluss Gedanken zu machen ist völlig egal, wenn die Anschrift sowieso in der Akte steht.
    Und in der Akte brauche ich sie definitiv (für Kostenrechnung, PKH-Prüfung oder Anhörung zu späteren Anträgen)

  • im Beschluss werde ich sie weglassen (ja ich weiß, wenn der Schuldner Akteneinsicht nimmt, sieht ers trotzdem, aber ganz ehrlich: dann sieht ers eben)

    Aber das ist doch das Argument, dass weglassen der Anschrift sinnlos ist. Der Schuldner hat immer Akteneinsichtsrechts, sich über ein Weglassen im Beschluss Gedanken zu machen ist völlig egal, wenn die Anschrift sowieso in der Akte steht.
    ...


    In den Pfüb-Anträgen werden die Adressen der Kinder laut TS nicht angegeben: "Bei der Abfassung der Anträge werden die Anschriften der Kinder stets nicht angegeben."

    Und im PKH-Formular muss die Anschrift zwar stehen, in die PKH-Unterlagen erhält der Schuldner jedoch keine Einsicht.

    Also erfährt er die Kindesanschrift in diesen Fällen auch durch eine Akteneinsicht nicht.

  • im Beschluss werde ich sie weglassen (ja ich weiß, wenn der Schuldner Akteneinsicht nimmt, sieht ers trotzdem, aber ganz ehrlich: dann sieht ers eben)

    Aber das ist doch das Argument, dass weglassen der Anschrift sinnlos ist. Der Schuldner hat immer Akteneinsichtsrechts, sich über ein Weglassen im Beschluss Gedanken zu machen ist völlig egal, wenn die Anschrift sowieso in der Akte steht.
    Und in der Akte brauche ich sie definitiv (für Kostenrechnung, PKH-Prüfung oder Anhörung zu späteren Anträgen)

    Es gibt auch die Möglichkeit, Akteneinsicht zu beschränken, wenn die Partei gefährdet sein Könnte.

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