Nachlassverwalter als Liquidator einer GmbH?

  • Ich bin zum Nachlassverwalter in einem Erbfall bestellt worden, bei dem der Erblasser Alleingesellschafter einer GmbH war. Die GmbH war wiederum Komplementärin bei zwei GmbH & Co. KGs.
    Soweit mir bis dato bekannt ist, waren außer dem Erblasser keine weiteren Kommanditisten beteiligt.

    Ein aktives Geschäft wird von keiner der Gesellschaften mehr betrieben. Es befinden sich jedoch Vermögenswerte in den Gesellschaften.

    Der private Nachlass des Erblassers könnte überschuldet sein. Eine Maßnahme zur Abwendung der Nachlassinsolvenz ist aus meiner Sicht die Liquidation der Gesellschaften, um mit dem freiwerdenden Kapital bzw. den Verkaufserlösen aus den Wirtschaftsgütern die Gläubiger zu befriedigen.

    Meine Frage: Spricht aus rechtlicher Sicht irgendetwas dagegen, dass ich als Nachlassverwalter mich selbst zum Liquidator bestelle?

    Ich weiß, dass damit ggfls. zusätzliche Risiken verbunden sind. Aber darauf kommt es mir nicht an, weil ich den Fall - zumindest bisher - als überschaubar einschätze.
    Unsicher bin ich nur, ob es rechtlich überhaupt möglich ist, dass ein Nachlassverwalter die Liquidation selbst in die Hand nimmt.
    Interessenkonflikte vermag ich nicht zu erkennen, denn mir geht es ja sowohl als Nachlassverwalter als auch als Liquidator darum, die Vermögenswerte der Gesellschaften bestmöglich zu verwerten und damit den Aktiv-Nachlass anzureichern.

    Aber vielleicht übersehe ich auch einen wesentlichen Gesichtspunkt... - Für Eure Einschätzung wäre sich sehr dankbar.

  • Danke für den Hinweis. Ich sehe das Problem allerdings nicht.
    Wenn ein Gesellschafter einer Ein-Mann-GmbH, der bisher Geschäftsführer dieser GmbH war, die Auflösung der GmbH beschließt, kann er sich selbst zum Liquidator bestellen.

    Übertragen auf meine Situation handele ich in Vertretung der Erben als Nachlassverwalter genau so, als würde der Gesellschafter noch leben.

    Nur zur Klarstellung: ich habe nicht die Absicht, das Amt des Liquidators separat abzurechnen. Ich würde das im Rahmen meiner Tätigkeit als Nachlassverwalter ausführen und die Stunden dementsprechend abrechnen. Es muss ja nur beim Handelsregister ein Liquidator eingetragen werden, damit sich eventuelle Gläubiger melden können.

    Aus meiner Sicht handele ich im Interesse der Erben sowie im Interesse der Nachlassgläubiger, da die Bestellung eines Dritten als Liquidator sicherlich nur gegen zusätzliche Vergütung zu erwarten ist.

    Oder übersehe ich hier etwas?

  • Ich würde das im Rahmen meiner Tätigkeit als Nachlassverwalter ausführen und die Stunden dementsprechend abrechnen.

    Das würde ich jedoch im Vorfeld mit dem Nachlassgericht besprechen ob das dort so akzeptiert wird.
    Meiner Meinung nach sind das Kosten, die die Gesellschaft zu tragen hätte.

  • Die Gesellschafterversammlung (=JVM) kann dem Liquidator (=JVM)Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilen.

    Das stützt meine Rechtsauffassung.

    Im Übrigen beabsichtige ich als Liquidator ohnehin keine Geschäfte mit mir selbst zu machen.
    Ich will einfach nur die Gesellschaften abwickeln und die verbleibenden Vermögenswerte dem Nachlass zuführen.

  • Das würde ich jedoch im Vorfeld mit dem Nachlassgericht besprechen ob das dort so akzeptiert wird.
    Meiner Meinung nach sind das Kosten, die die Gesellschaft zu tragen hätte.


    Ja, klar werde ich mir dazu vom Nachlassgericht die Genehmigung einholen. Ich wollte nur dort nicht als völlig doof erscheinen, weil ich einen wesentlichen rechtlichen Gesichtspunkt übersehen habe.

    Dass die Gesellschaften ihre Liquidationskosten tragen, ist schon klar. Aber im vorliegenden Fall ist das linke Hosentasche vs. rechte Hosentasche.
    Jeder Euro, der an Verfahrenskosten aufgewendet wird, schmälert das Restvermögen der Gesellschaften und damit den Wert, den diese Firmen für den Nachlass haben.

    Natürlich schmälern meine Kosten als Nachlassverwalter auch den Nachlass.
    Aber ich vermute jetzt mal, dass ich in dem zusätzlichen Amt als Liquidator keinen großen Stundenaufwand haben werde.
    Da wird es nur um die Registeranmeldung gehen und vielleicht ein wenig Schriftverkehr mit ein paar Gläubigern und dem Finanzamt.

    Wenn jedoch ein Dritter als Liquidator bestellt wird, hängt es davon ab, was der Betreffende dann daraus macht...

  • Ich hatte die Problematik vor Augen, dass ein Vertreter (z.B. ein Nachlasspfleger als Vertreter der unbekannten Erben des Gesellschafters) sich gem. § 181 BGB nicht selbst zum Liquidator bestellen kann.
    Ich bin mir in Bezug auf die Person des Nachlassverwalters nicht mehr ganz so sicher, ob dies für ihn gilt, also ob er als ein solcher Vertreter einzuordnen ist.

  • Ja, bei einer Nachlasspflegschaft für unbekannte Erben sieht es anders aus.

    Vorliegend sind bei meiner Nachlassverwaltung die Erben bekannt. Sie sind auch damit einverstanden, dass ich die Firmen des Erblassers auflöse. Keiner von Ihnen (es handelt sich um zwei Geschwister, die ihren Vater beerbt haben) hat Interesse daran, die Geschäfte der Gesellschaften des Vaters fortzuführen.

    Allerdings haben die Erben wegen § 1984 Abs. 1 BGB die Befugnis verloren, über den Nachlass zu verfügen.
    Sie könnten mich daher mangels Rechtsmacht gar nicht zum Liquidator bestellen.

    Ich sehe in der aktuellen Lage auch keine andere Institution (Nachlassgericht, Registergericht) dazu berufen, einen Liquidator zu bestellen.
    Soweit ich es überblicke, droht den Gesellschaften keine Insolvenz.

    Die mögliche Nachlassinsolvenz steht durch private Verbindlichkeiten des Erblassers im Raum.
    Dabei ist ganz entscheidend, inwieweit es gelingt, die Vermögenswerte aus den Gesellschaften herauszubekommen, um dann die Gläubiger des Erblassers zu befriedigen.

    Insoweit würde ich als Nachlassverwalter in meiner Eigenschaft als Vertreter der GmbH-Gesellschafterversammlung einen Beschluss zur Auflösung der Firma gem. § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG fassen.

    Das geht doch, oder?

  • 181 BGB wird ein Problem, wenn du dich selbst zum Liquidator bestellst.

    Die Gesellschafterversammlung (=JVM) kann dem Liquidator (=JVM)Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilen.

    Damit wäre der Liquidator JVM von § 181 BGB befreit. Aber wer befreit den Gesellschafter-Nachlassverwalter JVM von § 181 BGB?

    Ist denn nicht das Rechtsgeschäft "Bestellung zum Liquidator" etwas, dass der Gesellschafter JVM mit dem Liquidator in spe JVM, und damit mit sich selbst abschließt?

  • Ist denn nicht das Rechtsgeschäft "Bestellung zum Liquidator" etwas, dass der Gesellschafter JVM mit dem Liquidator in spe JVM, und damit mit sich selbst abschließt?

    Es ist schon seit vielen Jahren anerkannt, dass eine Einzelperson eine GmbH errichten kann.

    Der Geschäftsführer einer Ein-Mann- bzw. Ein-Frau-GmbH macht notwendigerweise stets Rechtsgeschäfte mit sich selbst.
    Dies betrifft die Bestellung zum Geschäftsführer und auch den Abschluss seines Dienstvertrages und viele andere Rechtsgeschäfte, die die Beziehungen zwischen GF und GmbH betreffen.

    Bei der Auflösung der GmbH kann der GF auch sich selbst zum Liquidator bestellen.
    Das ist ohne jeden Zweifel wirksam.

    Die Geschäftsanteile der GmbH gehören in meinem Fall zum Nachlass.
    Wäre keine Nachlassverwaltung angeordnet worden, könnten die Erben als Gesellschafter sich entweder selbst zu Geschäftsführern bestellen - oder aber auch zu Liquidatoren.
    Oder sie könnten einen Dritten zum Liquidator bestellen, wenn sie sich diese Tätigkeit selbst nicht zutrauen.

    Ich kann nicht erkennen, dass mich § 181 BGB daran hindern könnte, diese Bestellung, welche den Erben nunmehr durch die Anordnung der Nachlassverwaltung verwehrt ist, selbst vorzunehmen.
    Aber selbstverständlich werde ich das mit dem Nachlassgericht abklären.

    Außer dem § 181 BGB scheint es jedoch keinen Gesichtspunkt zu geben, der meinem Vorgehensplan entgegensteht.

  • Du bist aber nicht Einzelperson. Bei gesetzlichen Vertretern und bei Amtswaltern setzt dies die Genehmigung voraus, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, 12. Auflage, § 181, Rn. 16.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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