Geschäftsunfähig?

  • A schenkt Freundin F Grundstück ohne Gegenleistung. Durch Zufall erfahre ich von einer bestehenden Betreuung des A.
    Die angeforderte Betreuungsakte enthält keine konkreten Aussagen zur Geschäftsfähigkeit. A hatte ein halbes Jahr vor Schenkung Schlaganfall. Die vorläufige Betreuung durch RA umfasste alle Angelegenheiten. Gutachten sagt: Kein Einwilligungsvorbehalt erforderlich, da zur Zeit keine Anhaltspunkte für Vermögensgefahr, eingeschränkt orientiert, Gedächtnismöglichkeiten nicht oder nur grob vorhanden usw.

    A heiratet F. F wird Betreuerin. Ein Nervenarzt bescheinigt 4 Wochen vor dem Notartermin leichte kognitive Störung, bewußtseinsklar usw.

    4 Wochen nach dem Beurkundungstermin bescheinigt Betreuungsbehörde deutliche kognitive Einschränkungen, z.B. erklärt der 80-jährige, er sei 50 usw.

    Notar wußte von Betreuung. Ihm lag Nervenarztbescheinigung vor. In der Urkunde ist nichts erwähnt.

    Das bedeutet doch, dass der Notar von der Geschäftsfähigkeit überzeugt war.

    Ich würde einen Aktenvermerk machen, dass keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit vorliegen und eintragen. Oder seht ihr den Fall anders?

  • Darum geht es nicht.

    Das OLG Frankfurt hat in der zitierten Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass das GBA die Geschäftsfähigkeit in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat und nicht an die Feststellungen/Überzeugungen des Notars gebunden sei.
    Wenn man der Entscheidung des OLG Frankfurt folgen möchte, dann würde ich davon ausgehen, dass bei dem geschilderten Sachverhalt durchaus Zweifel an der Geschäftsfähigkeit bestehen könnten, die aufgeklärt werden müssten. Immerhin war die Bescheinigung des Nervenarztes vier Wochen vor der Beurkundung.

    Wann die Betreuung eingerichtet wurde und ob ein Einwilligungsvorbehalt besteht ist für die Frage der Geschäftsfähigkeit unerheblich.
    Nur so: Ein Einwilligungsvorbehalt ist m.E. gar nicht zulässig wenn der Betroffene geschäftsunfähig ist, da die Voraussetzungen nicht vorliegen.

  • Immerhin war die Bescheinigung des Nervenarztes vier Wochen vor der Beurkundung.

    Das OLG München, Beschluss vom 19.02.2015 - 34 Wx 421/14 läßt sogar Bescheinigungen/Atteste gelten, die "einige Monate" vor Vertragsabschluss erstellt wurden.

  • Da war es ja relativ einfach, nachdem ein Facharzt die Geschäftsunfähigkeit bescheinigt hat. Mir gefällt halt irgendwie nicht, dass einer nicht mehr weiß, wie alt er ist, aber Grundstücke verschenken kann.

  • Mir gefällt halt irgendwie nicht, dass einer nicht mehr weiß, wie alt er ist, aber Grundstücke verschenken kann.

    Sein Alter hat er vier Wochen nach der Auflassung nicht mehr gewußt. Vier Wochen vor der Auflassung war er noch "bewußtseinsklar". Zum Zeitpunkt der Auflassung beschränken sich die Zweifel hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit damit höchstens auf ein "vielleicht, vielleicht auch nicht". Konkrete Anhaltspunkte dagegen gibt es laut Sachverhalt meiner Ansicht nach nicht.

  • Stimmt letztendlich schon. Die Akte ist natürlich umfangreicher und da wurde mal plötzlich der Arzt gewechselt, die Vollmacht der Tochter von F widerrufen, einen Tag nach der Beurkundung dem Betreuungsgericht mitgeteilt, eine Betreuung sei jetzt nicht mehr nötig usw.
    Vielleicht hätt ich mir gestern nicht den Beitrag über Erbschleicherei in plusminus anschauen sollen :D

  • Kenne ich nicht. Da steht dann auch "war bei Bewußtsein". Bewußtseinsklar kenne ich nur im Sinne von "es liegt keine Bewußtseinsstörung vor" (deren leichteste Form lt. Wikipedia übrigens die Bewußtseinstrübung ist).

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Eine Definition von bewusstseinsklar, die ich gefunden habe: Patient ist ansprechbar und kann auf Fragen zu seiner Person, zu Zeit, Ort oder Geschehen richtig und schnell antworten.

    Es steht da noch kein Hinweis für formale oder inhaltliche Denkstörung usw.

    Was auffällt: Der Demenztest liegt im Normbereich, d.h. "normale kognitive Funktion" und im Widerspruch dazu "leichte kognitive Störung".

    Auch wenn man zu Ärzten und Anwälten grundsätzlich kein Vertrauen hat.... das spricht alles gegen eine Zwischenverfügung.

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