Sparbuch nach 30 Jahren

  • Moin,

    zuerst: ich mache keine Hinterlegungssachen, daher bitte ich um Nachsicht.

    Ich bin in der Nachlassabteilung tätig- mir wird ein Sparbuch übersandt mit der Bitte das Fiskuserbrecht festzustellen.

    Das Sparbuch kommt von der Hinterlegungsstelle, es wurde 1987 hinterlegt- für die unbekannten Erben.

    Ich habe dazu jetzt folgende Frage:

    Ist die Bitte das Fiskuserbrecht festzustellen hier richtig? Das Sparbuch ist doch jetzt -nach 30 Jahren- dem Land zugefallen. ( § 30 Hinterlegungsgesetz). Also sollte das doch reichen, um den Anspruch geltend machen zu können aus dem Sparbuch, oder? Oder es zumindest versuchen müssen vorher, da es ein Inhaberpapier ist und insofern die Leistung an den Inhaber möglich (ja, ich weiß aber nicht verpflichtend)

    Wofür muss jetzt noch die Fiskuserbrechtfeststellung erfolgen? Vor allem: Wenn, warum dann nicht schon früher? Bei unbekannten Erben hätte das doch schon vor Jahrzehnten gemacht werden können. Dann wäre der Fiskus Erbe gewesen, hätte das Sparbuch aufgelöst und gut. Warum so lange warten?

    Danke schonmal


    PS: arbeite in Niedersachsen.

  • Die geschilderte Verfahrensweise der Hinterlegungsstelle entspricht (zumindest für Sachsen) den Festlegungen in der VwV AusfHintG (Ausführung des Sächsischen Hinterlegungsgesetzes).

    Dort heißt es in Ziff. IV Nr. 6 e):

    Sparbücher, die für unbekannte Erben hinterlegt sind, übersendet die Hinterlegungsstelle dem zuständigen Nachlassgericht mit der Anregung, nach § 1964 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches ( BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, zu verfahren. Dabei sind die in den Hinterlegungsakten enthaltenen Angaben über die Person des Erblassers mitzuteilen.

    Über Sinn und Unsinn dieser Festlegung kann man sicherlich streiten, ich weiß, das sie hier nicht unumstritten ist.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • dann werde ich mich mal ums Fiskuserbrecht kümmern.

    Auch wenn ich denke, dass dies bereits schon kurz nach Hinterlegung hätte erfolgen können.

    Aber warum dies nicht erfolgt ist, ist nicht nachzuvollziehen- Akten sind alle bereits ausgesondert.

  • Dank des Hinweises auf die Ausführungsbestimmungen habe ich jetzt die Niedersächsischen Bestimmungen gefunden.

    Darin steht nix von Fiskuserbrecht, sondern von Rückgabe an den Aussteller ( Kreditinstitut ), ersatzweise Vernichtung des Sparbuches.

    Werde das mal zurückschicken an die HL Stelle mit Hinweis auf die AVNHintG § 23 Absatz 7.

    Oder kennt hier ein Niedersachse einen Grund dagegen?

  • Eine ähnliche Bestimmung findet sich hier unter Ziff. IV Nr. 6 f) ebenfalls:

    Urkunden, die für den Nachweis und die Geltendmachung von Rechten von Bedeutung sind, wie etwa Sparbücher oder Hypothekenbriefe, kann die Hinterlegungsstelle statt sie zu vernichten dem Aussteller, beispielsweise einem Kreditinstitut oder einem Grundbuchamt, mit dem Hinweis übersenden, dass die Urkunde bei Gericht hinterlegt war und der Anspruch des Hinterlegers auf Herausgabe erloschen ist.

    Da in Nr. 6 e) explizit von für die unbekannten Erben hinterlegten Sparbüchern die Rede ist, gehe ich davon aus, dass die in Nr. 6 f) beschriebene Verfahrensweise lediglich "für alle anderen" hinterlegten Sparbücher Anwendung finden soll... :gruebel:

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ich halte das Ganze für völlig unsinnig.

    Mir würde nicht im Traum einfallen, das Fiskuserbrecht festzustellen, wenn der Fiskus schon aus einem anderen Rechtsgrund zu dem hinterlegten Betrag kommt.

    Der Hase liegt bei der voreiligen Hinterlegung ohne vorherige vernünftige Erbenermittlung im Pfeffer.

  • Hat nichts mit einer voreiligen Hinterlegung zu tun. Hinterlegungen für die unbekannten Erben sind tagtägliches Geschäft und völlig nachvollziehbar.

    Wie Asgoth bereits sagte, sind die Ausführungsvorschriften das Problem. Wir sollten und haben dann auch vor Erlass ausgiebig Stellung zum Entwurf nehmen und haben neben vielem anderen auch diese Vorschrift bemängelt. Berücksichtigt wurde...nichts.

  • Die Probleme haben andere auch. Jetzt muss ja nach 5 Jahren schon mal eine Mitteilung an das Nachlassgericht gehen. Das kann dann ja handeln. Macht ihr dann im Nachlass auch eine öffentliche Aufforderung oder stellt ihr einfach so das Fiskuserbrecht fest. Es melden sich dann ja immer die Erbenermittler. Aber da ist doch nichts mehr zu ermitteln.

  • Hat nichts mit einer voreiligen Hinterlegung zu tun. Hinterlegungen für die unbekannten Erben sind tagtägliches Geschäft und völlig nachvollziehbar.

    .....


    Fraglich ist nur, weshalb nicht damals schon Fiskuserbrecht festgestellt wurde? :gruebel:

    Da gibt es doch vielerlei Gründe. Für die unbekannten Erben heißt ja erstmal nur, dass es zum Zeitpunkt der Hinterlegung keine durch Erbschein (oder halt not. Testament) festgestellten Erben gibt.

  • Eine Feststellung des Fiskalerbrechts ist materiellrechtlich wohl unnötig. Die Hinterlegungsmasse ist dem Land zugefallen. Allerdings gibt es niemanden, der nun dafür zuständig wäre, mit dem Sparbuch zur Bank zu gehen und sich den Betrag auszahlen zu lassen. Daher ist wohl die Feststellung des Fiskus als Erben zumindest "praktisch".

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Hatte in den letzten 2 Jahren auch des Öfteren Sparbücher von der HL-Stelle nach 30 Jahren bekommen. Hatte aber Glück, dass ich noch die meisten Akten hatte. Fiskuserbrecht habe ich in keinem Fall festgestellt. In den Fällen, die mir in Erinnerung sind, ergaben sich aus den Akten Erben, allerdings nicht vollständig ermittelbar gewesen. In einem Fall waren auch Teil-Erbscheine erteilt, und nur der für die unbekannten Erben entfallende Teil hinterlegt worden. Fiskuserbrecht wäre hier definitiv falsch gewesen (bzw.in keinem meiner Fälle richtig!)
    Habe dann das Sparbuch an die Bank mit der Bitte um Auflösung gesandt mit Schreiben wie folgt o.ä. :

    "wurden durch Teil - Erbscheine vom 09.06.1980 und 10.09.1981die Erben zu 5/6-Anteilen ausgewiesen.


    Für die unbekannten Erben zu 1/6 wurde das Sparbuch Nr. ###### der Sparkasse .......... am06.06.1985 durch den seinerzeit bestellten Nachlasspfleger hinterlegt, weitere Erben konnten nicht ermittelt werden.


    Der Anspruch auf Herausgabe derHinterlegungsmasse ist daher jetzt gemäß §§ 21, 22 NHintG erloschen und dieHinterlegungsmasse dem Land Niedersachsen verfallen.

    Die Hinterlegungsstelle hat deshalbdas dort verwahrte Sparbuch zur weiteren Veranlassung gemäß § 23 AVNHintG andas hiesige Nachlassgericht übersandt.

    Es wird um Auszahlung desGuthabens auf das u.a. Gerichtskonto zum Kassenzeichen ######## gebeten. Das Sparbuch liegt zu diesem Zweck an."


    Ob das die ganz richtige Lösung war/ist, weiß ich nicht, aber auf jeden Fall praktisch und nicht so falsch ,wie es das Fiskuserbrecht hier gewesen wäre.

  • Hatte in den letzten 2 Jahren auch des Öfteren Sparbücher von der HL-Stelle nach 30 Jahren bekommen. Hatte aber Glück, dass ich noch die meisten Akten hatte. Fiskuserbrecht habe ich in keinem Fall festgestellt. In den Fällen, die mir in Erinnerung sind, ergaben sich aus den Akten Erben, allerdings nicht vollständig ermittelbar gewesen. In einem Fall waren auch Teil-Erbscheine erteilt, und nur der für die unbekannten Erben entfallende Teil hinterlegt worden. Fiskuserbrecht wäre hier definitiv falsch gewesen (bzw.in keinem meiner Fälle richtig!)

    Wie kann man etwas hinterlegen, wenn Erben ermittelt wurden? Solche Fälle sind über eine öffentliche Aufforderung und eine Nichtberücksichtigung der nicht ermittelten Erben im Erbscheinsverfahren und nicht mittels einer Hinterlegung zu lösen, durch welche im Ergebnis der hinterlegte Betrag dem Fiskus zufällt, obwohl er keinesfalls als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt. Und wer hat den Nachlass eigentlich mit wem (mit nachlassgerichtlicher Genehmigung) auseinandergesetzt, so dass es überhaupt möglich wurde, den auf die nicht ermittelbaren Erben entfallenen "Teil" zu hinterlegen?

    Das sind exakt die Fälle, die ich mit dem von mir angesprochenen Hinterlegungswahn meinte.

  • Das Sparbuch allein reicht nicht zwingend für das Land, die Auszahlung zu verlangen. Die Bank/Sparkasse kann, muss aber nicht auszahlen an den jeweiligen Inhaber. In der Regel wird sie die Legitimation prüfen. Das bedeutet, dass die Erbenstellung nachzuweisen wäre.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!