Ergänzungspflegschaft Beschneidung

  • Hallo,
    KM erzieht ihren 7jährigen Sohn weltanschaulich neutral (Sohn hat . KV ist muslimischen Glaubens. Es besteht Streit wegen der Frage, ob bei dem Jungen eine Beschneidung stattfinden soll oder nicht.
    KM hat Attest, dass trotz Phimose keine medizinische Indikation für eine Beschneidung besteht (bei längerer Verlaufskontrolle stets so bestätigt).
    KV hat Kind zu anderem Arzt gebracht, der eine Indikation für eine Beschneidung bestätigt.
    1. Ist die Beschneidung eine Angelegenheit der alltäglichen Gesundheitsfürsorge (d.h. kann die KM allein über die Wahl des Arztes entscheiden bezüglich der Frage der Beschneidung)?
    2. Ich tendiere dazu, beim lfd. Verfahren OLG zur Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft.
    Gibt es hier im Forum dazu Meinungen/Erfahrungen?
    Herzlichen Dank
    Sischer

  • Erfahrungen habe ich damit keine.

    Wenn beide Eltern die elterliche Sorge innehaben, dürfte es nur im Rahmen des § 1628 BGB (Richterverfahren) möglich sein, einen der beiden allein entscheiden zu lassen.

    Ergänzungspflegschaft würde voraussetzen, dass bezüglich des Gegenstands der Ergänzungspflegschaft keiner der beiden Eltern die elterliche Sorge innehat. Das würde hier wohl erst einmal voraussetzen, dieselbe (ggf. nur im entsprechenden Umfang) beiden Eltern zu entziehen. Wer sollte das nach Deiner Sachverhaltsschilderung aus welchem Grund tun?

    Im Rahmen des § 1628 BGB entscheidet m. W. immer der Richter, egal worum es geht. Insofern dürfte es keine Rolle spielen, ob es sich um Gesundheitsfürsorge, Religion oder sonstwas handelt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Erfahrungen habe ich damit keine.

    Wenn beide Eltern die elterliche Sorge innehaben, dürfte es nur im Rahmen des § 1628 BGB (Richterverfahren) möglich sein, einen der beiden allein entscheiden zu lassen.

    Ergänzungspflegschaft würde voraussetzen, dass bezüglich des Gegenstands der Ergänzungspflegschaft keiner der beiden Eltern die elterliche Sorge innehat. Das würde hier wohl erst einmal voraussetzen, dieselbe (ggf. nur im entsprechenden Umfang) beiden Eltern zu entziehen. Wer sollte das nach Deiner Sachverhaltsschilderung aus welchem Grund tun?

    Im Rahmen des § 1628 BGB entscheidet m. W. immer der Richter, egal worum es geht. Insofern dürfte es keine Rolle spielen, ob es sich um Gesundheitsfürsorge, Religion oder sonstwas handelt.

    lieben Dank! es ist mir bewusst, dass die Übertragung der elterlichen Sorge nach § 1628 BGB auf einen Elternteil eine Möglichkeit ist. Aus meiner Sicht könnten hier aber auch die Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft vorliegen (Eltern uneinig, aber beide Eltern haben "Recht" aus ihrer jeweiligen Sicht)

  • Wenn jeder Elternteil aus seiner Sicht Recht hat, sind wir bei Glaubensfragen. Und dann kann es kein Ausweg sein, einen dritten Elter ins Spiel zu bringen. Nein, es ist eine Frage, die durch jeden der beiden Elternteile entschieden werden könnte. Auch ist keiner der Elternteile offensichtlich von der Vertretung ausgeschlossen. Also muss der Richter entscheiden, welcher Elternteil die Entscheidung trifft. Damit ist noch nicht festgelegt, welche Entscheidung dieser Elternteil dann treffen wird. Manchmal gibt es ja mehr als 2 Optionen.

  • lieben Dank! es ist mir bewusst, dass die Übertragung der elterlichen Sorge nach § 1628 BGB auf einen Elternteil eine Möglichkeit ist. Aus meiner Sicht könnten hier aber auch die Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft vorliegen (Eltern uneinig, aber beide Eltern haben "Recht" aus ihrer jeweiligen Sicht)

    Voraussetzung für eine Ergänzungspflegschaft ist u. a. die Verhinderung an der Ausübung der elterlichen Sorge, das bedeutet eine rechtliche oder tatsächliche Verhinderung. Die Uneinigkeit der Eltern ist eine solche nicht. Sie können sowohl rechtlich als auch tatsächlich vertreten, werden sich nur nicht über die Entscheidung einig. Hierfür ist ein Verfahren nach § 1628 BGB vorgesehen. Ein Dritter kann nicht für die Eltern an dieser Stelle handeln.

  • lieben Dank! es ist mir bewusst, dass die Übertragung der elterlichen Sorge nach § 1628 BGB auf einen Elternteil eine Möglichkeit ist. Aus meiner Sicht könnten hier aber auch die Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft vorliegen (Eltern uneinig, aber beide Eltern haben "Recht" aus ihrer jeweiligen Sicht)

    Voraussetzung für eine Ergänzungspflegschaft ist u. a. die Verhinderung an der Ausübung der elterlichen Sorge, das bedeutet eine rechtliche oder tatsächliche Verhinderung. Die Uneinigkeit der Eltern ist eine solche nicht. Sie können sowohl rechtlich als auch tatsächlich vertreten, werden sich nur nicht über die Entscheidung einig. Hierfür ist ein Verfahren nach § 1628 BGB vorgesehen. Ein Dritter kann nicht für die Eltern an dieser Stelle handeln.

    ich dachte an diesen Fall:

    "Die Ergänzungspflegschaft kann auch für die elterliche Sorge oder Teile der elterlichen Sorge wie z. B. das Aufenthaltsbestimmungsrecht, angeordnet werden (Sorgerechtspflegschaft). Dies kann dann sinnvoll sein, wenn die gemeinsame elterliche Sorge nicht mehr funktioniert, beide Eltern Anträge auf alleiniges Sorgerecht gestellt haben, aber zu befürchten ist, dass die Alleinsorge eines Elternteils zu einer Konflikteskalation, Ausgrenzung des anderen Elternteils oder zu schädlichen Auswirkungen auf das Kind führen. In diesem Fall kann das Gericht Teile des Sorgerechtes, an deren Besorgung die Eltern verhindert sind, auf einen Sorgerechtspfleger übertragen, der dann gegenüber dem Kind das Bestimmungsrecht bezüglich des vom Gericht benannten Aufgabenkreises innehat." (wikipedia)

    spricht etwas dagegen?

  • ...
    1. Ist die Beschneidung eine Angelegenheit der alltäglichen Gesundheitsfürsorge (d.h. kann die KM allein über die Wahl des Arztes entscheiden bezüglich der Frage der Beschneidung)?
    ...

    Alltagsentscheidungen setzen voraus, dass keine schwer abzuändernden Auswirkungen auftreten und das dürfte hier wohl offensichtlich nicht vorliegen, rückgängig machen geht kaum.

    Also, § 1628 oder KErzG, in jedem Fall ist der Ri. zuständig, § 14 RpflG, und E.pflegschaft nur, wenn § 1666 vorliegt, unter dessen Überschrift auch dein Zitat herkommt.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • ... 1. Ist die Beschneidung eine Angelegenheit der alltäglichen Gesundheitsfürsorge (d.h. kann die KM allein über die Wahl des Arztes entscheiden bezüglich der Frage der Beschneidung)? ...

    Alltagsentscheidungen setzen voraus, dass keine schwer abzuändernden Auswirkungen auftreten und das dürfte hier wohl offensichtlich nicht vorliegen, rückgängig machen geht kaum. Also, § 1628 oder KErzG, in jedem Fall ist der Ri. zuständig, § 14 RpflG, und E.pflegschaft nur, wenn § 1666 vorliegt, unter dessen Überschrift auch dein Zitat herkommt.

    Dankeschön. Diese Linie habe ich auch angedacht. 1666 deshalb, da sich die konservative Behandlung der Phimose noch über Jahre hinziehen kann und der Elternstreit dann absehbar ist, wenn ein Elternteil entscheidet, wodurch das Kind wiederum belastet wäre.

  • :gruebel: "Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind...."


    D.H. keine ! der von den Eltern beabsichtigten Maßnahmen ist geeignet, also weder die Beschneidung noch die Nichtbeschneidung, ja was denn sonst?

    Wenn du entscheiden solltest, dass die kons. Therapie durchgeführt wird, ist jeder Streit ausgeschlossen? Wenn du entscheidest, dass beschnitten wird, ist Ende, aber das wäre es doch auch, wenn ein ET so entschieden hätte.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • :gruebel: "Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind...."


    D.H. keine ! der von den Eltern beabsichtigten Maßnahmen ist geeignet, also weder die Beschneidung noch die Nichtbeschneidung, ja was denn sonst?

    Wenn du entscheiden solltest, dass die kons. Therapie durchgeführt wird, ist jeder Streit ausgeschlossen? Wenn du entscheidest, dass beschnitten wird, ist Ende, aber das wäre es doch auch, wenn ein ET so entschieden hätte.

    Es liegen zwei ärztliche Stellungnahmen vor. Eine für Beschneidung, die andere dagegen.

    Als Alternative für EP evtl. Obergutachten?

  • Wir werden es dem Richter im Verfahren nach § 1628 BGB (und ggf. im Anschluss dem OLG) überlassen müssen, ob und welche Gutachen er eventuell noch zu brauchen meint - bzw. ich halte es für sinnlose Geldverschwendung, jetzt im Vorgriff über weitere Gutachten nachzudenken oder sie gar in Auftrag zu geben. Ich glaube nämlich nicht, dass vorliegend noch so viele Gutachten die Lage befrieden werden. Das haben Glaubensstreite so an sich. Einer der Eltern soll den Antrag stellen, wenn er durchaus meint, und dann werden wir sehen, was weiter passiert ...

    Außer die Eltern verständigen sich vorher, dass das nächste Gutachten entscheiden soll. Allerdings ... rechtlich durchsetzbar wird diese Verständigung nicht sein. Im Zweifel ist also dann immer noch nichts gewonnen (außer für den Gutachter).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich bin in dem Fall als Verfahrensbeiständin tätig und bin angehalten, Empfehlungen auszusprechen.
    Herzlichen Dank für die Antworten

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