Gebühr Nr. 4104 VV RVG

  • Nach Freispruch des Angeklagten beantragt der Verteidiger die Festsetzung von u.a. der Nr. 4104 VV RVG. Das Entstehen ist aus den Akten nicht ersichtlich. Die Bestellung des Verteidigers erfolgt ausweislich der Akten erst im Hauptverfahren.
    Der Verteidiger versichert nunmehr anwaltlich, bereits im Ermittlungsverfahren tätig gewesen zu sein.
    Reicht das?
    M.E. reicht die anwaltliche Versicherung nur für das Entstehen von Auslagen.

  • Der Verteidiger versichert nunmehr anwaltlich, bereits im Ermittlungsverfahren tätig gewesen zu sein.
    Reicht das?

    Ich würde konkretere Angaben fordern (wann beauftragt/was getan). Es ist zwar ungewöhnlich, dass nicht sofort eine Akteneinsicht erfolgt, aber das schließt ja nicht aus, dass es auch mal anders läuft.

  • Also das allein würde ich nicht genügen lassen. Bei mir müsste der Anwalt wenigstens mal vortragen, was er während des Ermittlungsverfahrens genau gemacht hat um die Gebühr zu verdienen. Manche Anwälte neigen dazu für Tätigkeiten, die nur die Grundgebühr auslösen, auch noch die Verfahrensgebühr anzusetzen.

  • Solche Tätigkeiten gibt es seit Änderung des RVG nicht mehr. Die GG und die VG fallen immer nebeneinander an.

    Die Aussage an sich ist korrekt, m.E. jedoch anders zu interpretieren. Ich verweise auf Mayer/Kroiß zu VV-Nr. 4104 RVG, Rn. 3:

    Im Ermittlungsverfahren erhält der Verteidiger neben der Grundgebühr zusätzlich eine Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV. Die Verfahrensgebühr honoriert das Betreiben des Geschäfts. Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr ist eine Tätigkeit des Rechtsanwalts, die in den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr fällt, also über den Abgeltungsbereich der Grundgebühr hinausgeht. Es handelt sich nicht um eine reine Betriebsgebühr.
    (Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG Nrn. 4104-4105 VV Rn. 1-7, beck-online)

  • Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr ist eine Tätigkeit des Rechtsanwalts, die in den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr fällt, also über den Abgeltungsbereich der Grundgebühr hinausgeht.


    Praktisch gibt es aber keine Tätigkeit, die ausschließlich die GG auslöst. Welche sollte das denn sein?

  • Die Vollmacht ist in den Akten und datiert nach Eingang des Strafbefehlsantrags. Die Verfahrensgebühr entsteht immer neben der Grundgebühr, das ist klar.
    Aber in meinem Fall nach dem Akteninhalt neben der Nr. 4106 VV RVG.
    Das Problem ist: Reicht für den Nachweis des Entstehens der Nr. 4104 VV RVG die anwaltliche Versicherung?
    Der RA verweigert die Vorlage entsprechender Belege mit dem Hinweis auf die Wahrung der anwaltlichen Verschwiegenheit

  • Ich verweise auf #2. Auch wenn es letztlich keinen Unterschied machen wird, ob er nun lediglich anwaltlich versichert, tätig geworden zu sein, oder ob er dir mitteilt, wie. Es reicht ja, dass er beraten oder Informationen entgegengenommen hat.

  • Im Regelfall unterzeichnet man bei Erteilung des Mandates eine Vollmacht, die hier nach Eingang des Strafbefehlsantrages datiert. Auch sonst ist laut Sachverhalt eine vorherige Tätigkeit des RA's der Akte nicht zu entnehmen. Daher würde ich die Vorverfahrensgebühr absetzen.

  • Das ist m.E. nicht haltbar, wenn glaubhaft vorgetragen wird, dass eine vorgerichtliche Tätigkeit erfolgt ist. Und ggf welche.

    Den Hinweis auf die anwaltliche Verschwiegenheit finde ich allerdings albern. Ich darf - und muss - natürlich im Kostenverfahren die für die Festsetzung notwendigen Belege einreichen. Hier reicht ja ein Telefonvermerk, aus dem sich ergibt, wann der Mandant zum ersten mal Kontakt aufgenommen hat. Ich sehe nicht, wieso ich den verschweigen muss, aber eine Vollmacht freiweg zur Akte gereicht wird. Zudem muss ja die Bestimmung der konkreten Gebühr gem. §14 nachvollziehbar sein.

  • Das Problem ist: Reicht für den Nachweis des Entstehens der Nr. 4104 VV RVG die anwaltliche Versicherung?


    Ja und nein. Der § 464b StPO verweist im letzten Satz auf den § 104 ZPO. Nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO ist die Glaubhaftmachung ausreichend. Glaubhaftmachung bedeutet, daß die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestandes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen (vgl. Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., Teil A, Rn. 877). Die anwaltliche Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung kann also ausreichen. Die anwaltliche Versicherung selbst ist aber nur Mittel und nicht Selbstzweck: Sie muß sich also auf die konkreten Umstände beziehen (Darlegung des die Gebühr auslösenden Tatbestandsmerkmals). Wie weit die Darlegung des RA (für den Freigesprochenen als Antragsteller des KfB) gehen muß, ist aber letztlich Frage des Einzelfalls.

    Der RA verweigert die Vorlage entsprechender Belege mit dem Hinweis auf die Wahrung der anwaltlichen Verschwiegenheit

    Den Hinweis auf die anwaltliche Verschwiegenheit finde ich allerdings albern. Ich darf - und muss - natürlich im Kostenverfahren die für die Festsetzung notwendigen Belege einreichen. Hier reicht ja ein Telefonvermerk, aus dem sich ergibt, wann der Mandant zum ersten mal Kontakt aufgenommen hat. Ich sehe nicht, wieso ich den verschweigen muss, aber eine Vollmacht freiweg zur Akte gereicht wird. Zudem muss ja die Bestimmung der konkreten Gebühr gem. §14 nachvollziehbar sein.


    :daumenrau Es geht dabei auch gar nicht um detailierte, inhaltliche Informationen, sondern nur um die Mitteilung äußerer Merkmale, welche die geltend gemachte Gebühr für einen Dritten nachvollziehbar machen (so auch Burhoff/Volpert, a.a.O., Rn. 884 m.w.N.). Es würde m. M. n. also ausreichen, wenn der RA diese Tatbestandsmerkmale anwaltlich versichert, also z. B. vom Antragsteller zur Vertretung im damals allein anhängigen Ermittlungsverfahren am XX.XX.XXXX beauftragt worden zu sein, mit ihm eine Besprechung geführt zu haben usw. Wie Adora Belle ja schon schrieb, reicht für die Entstehung "das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information" bereits aus (Vorb. 4 Abs. 2 VV).

    Zitat von Dirk

    Im Regelfall unterzeichnet man bei Erteilung des Mandates eine Vollmacht, die hier nach Eingang des Strafbefehlsantrages datiert.


    :daumenrau Das kann, muß aber nicht zwingend so geschehen. Ich kenne auch andere Varianten. Aber letztlich spricht das spätere Datum gegen diesen Erfahrungssatz. Das kann der RA das ggf. entsprechend aufklären, wenn diese Tatsache der notwendigen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (= glaubhaft?) für den Threadstarter Wohnwagen entgegensteht.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Ausreichend muss m.E. sein, wenn der RA mitteilt, dass er im Vorverfahren für den Mandanten tätig geworden ist. Was er im Einzelnen getan hat und vor allem was ggf. besprochen worden ist, muss er m.E. nicht mitteilen. Dar er wegen der Verschwiegenheitspflicht auch gar nicht. Da jede Tätigkeit ausreicht, ist das letztlich auch egal.

    Hier sollte er vielleicht auch noch ein Wort auf den Umstand verwenden, dass die Vollmacht erst nach Strafbefehlsantrag unterzeichnet ist.

    Im Übrigen: Natürlich entstehen nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG die Grundgebühr und die jeweilige Verfahrensgebühr immer nebeneinander. Es ist die Krux solcher Kurzkommentare wie der Mayer/Kroiß, wenn es da ggf. noch Diskussionen gibt, zumal wenn die Passagen m.E. nicht richtig angepasst sind. Es fehlen an der oben zitierten Stelle auch sämtliche dazu inzwischen vorliegenden Entscheidungen, die zum Teil auch alle im Volltext auf meiner Homepage stehen.

    Die Diskussion um das Verhältnis Grundgebühr/Verfahrensgebühr kann man m.E. ernsthaft nicht mehr führen, das ist Schnee von gestern. Es entstehen mit der ersten Tätigkeit beide Gebühren. Die Grundgebühr honoriert die besonderen Einarbeitungstätigkeiten, wenn nicht mehr erbracht wird, was in der Regel ja nicht der Fall ist, dann etnsteht die VG eben nur als Mindestgebühr.

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