Fall des § 6VBVG?

  • Liebe Forengemeinde,

    ich habe folgendes Verfahren geerbt:

    Mutter ist die Betreuerin der Tochter. Der Vater verstirbt. Erben sind die Betreute und 2 Geschwister zu gleichen Teilen. Zum Nachlass gehört eine Immobiliezu 1/2.
    Die Betreuerin sieht sich mit der Erbauseinandersetzung überfordert. Gleiches gilt für den Hausverkauf.

    Daraufhin wird Ergänzungsbetreuung angeordnet. AgK: - Grundstücksangelegenheiten für das ererbte Haus
    - Erbauseinandersetzung

    Die Nachlassimmobilie gehört der Erbengemeinschaft und der Betreurin jetzt zu je 1/2. Weitere Vermögenswerte enthält der Nachlass nicht.

    Hinsichtlich der Erbauseinandersetzung könnte ich einen Vertretungsausschluss nach §1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB dann bejahen, wenn nicht nur die Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt.
    Das Haus wurde an einen Dritten verkauft und aufgelassen. Genehmigung ist bereits erteilt. Im Vorfeld stand mal im Raum, dass evtl. eine Miterbin das Haus aus dem Nachlass erwirbt. Es gab jedoch keine konreten Pläne. Die Erbauseinandersetzung erfolgt durch Aufteilung des Verkaufserlöses nach Abzug der Verbindlichkeiten nach "Quoten" (Betreuerin 1/2, Erben je 1/6).

    Der berufsmäßig bestellte Ergänzungsbetreuer möchte jetzt Vergütung nach §§ 4, 5 VBVG. Meine Vogängerin hat ihm mitgeteilt, dass er konkret, also nach § 6 VBVG, abrechnen müsse, da er wegen rechtlicher Verhinderung der Hauptbetreuerin bestellt worden sei. DAS steht so aber nicht im Bestellungsbeschluss. In der Akte wurde der auch nicht festgestellt. Und ich kann ihn auch nicht so richtig erkennen.
    Der Ergänzungsbetreuer schweigt sich aus.

    Wie seht ihr das? Ist das wirklich ein Fall des § 6 VBVG? Eine analoge Anwendung scheidet ja aus (BGH XII ZB 231/12)

    Vielen Dank schon mal!

  • "- Grundstücksangelegenheiten für das ererbte Haus" klingt für mich auch eher nach der Bestellung eines weiteren Betreuers, der pauschal abrechnen muß. "- Erbauseinandersetzung" ist der AK für einen Ergänzungsbetreuer, was aber meiner Meinung nach hinter dem ersten AK zurücksteht.

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  • Tatsächlich ist dies kein Fall einer Ergänzungsbetreuung. Der Richter hätte einen weiteren Betreuer mit dem genannten Aufgabenkreis bestellen müssen. Er bekommt daher eigentlich Vergütung nach §§ 4, 5 VBVG.

    Fraglich ist, ob du an den "falschen" Beschluss des Richters gebunden bist und ihn als Ergänzungsbetreuer nach § 6 VBVG vergüten musst. Wäre es möglich die Akte dem Richter mit der Bitte um Berichtigung seines Beschlusses vorzulegen?

    Edit: Er rechnet doch richtig ab nach § 4, 5 VBVG. Ich würde seinem Antrag zustimmen.

  • Mir geht es auch jedesmal so, ich muss jedes mal neu schauen, wie muss ich als Ergänzungsbetreuer abrechnen.
    Am besten merk ich es mir immer so. Ist die Verhinderung rechtlicher Art, hat der Verhinderungsbetreuer Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz entsprechend dem nachgewiesenen Zeit- und Sachaufwand.
    Bei tatsächlicher Verhinderung ist nicht Aufwendungsersatz nach § 1835 BGB und Vergütung nach § 3 VBVG für tatsächliche Tätigkeiten, sondern die pauschale Vergütung nach §§ 4,5 VBVG zu bewilligen.

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    Einmal editiert, zuletzt von ARK (4. Juni 2018 um 09:21)

  • Vielen lieben Dank für die Antworten.

    Ich hadere noch mit mir. Ich werde aber mal das Gespräch mit dem Richter suchen.
    Im Übrigen bin ich wohl an den eindeutigen Beschluss gebunden. Die Begründung lässt da keinen "Interpretationsspielraum".

  • Der Beschluss des Richters ist m. E. nicht falsch und zwar aus zwei Gründen:
    1. Bzgl. der Erbauseinandersetzung ist die Hauptbetreuerin definitiv rechtlich verhindert.
    2. Der Begriff Ergänzungsbetreuer ist kein gesetzlich definierter Begriff. Der Ergänzungsbetreuer ist eigentlich auch ein weiterer Betreuer. Eine Berichtigung des Beschlusses halte ich für nicht nötig.

    Da die Hauptbetreuer also tlw. rechtlich, teilweise tatsächlich (also im Hinblick auf Veräußerung) verhindert ist, würde für mich d§ 6 Satz 1 VBVG greifen. Rechtsprechung konnte ich leider nicht dazu finden.

  • Gerade habe ich in anderem Zusammenhang einen Hinweis auf BGH-Entscheidungen gefunden, die hier vielleicht hilfreich sein könnten: XII ZB 57/13 vom 04.12.2013 (FamRZ 2014, 472 = Rpfleger 2014, 258) und XII ZB 95/13 vom 16.01.2014.

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  • Hallo, ich habe eine Berufsbetreuerin, die Betreuerin für beide Erben ist.

    Weil ihr die Abwicklung der Nachlassangelegenheit im Hinblick auf eine mögliche Nachlassinsolvenz sowie Erbauseinandersetzung und Veräußerung des im Nachlass befindlichen Grundbesitzes zu kompliziert erschien, beantragte sie die Einrichtung einer Ergänzungsbetreuung. Der Richter setzte daraufhin einen weiteren Berufsbetreuer mit dem Aufgabenbereich Nachlassangelegenheit nach xy und Veräußerung des Grundbesitzes ein.

    Ich habe dem Richter mitgeteilt, dass gem. § 1817 Abs. 1 S.3 kein weiterer Berufsbetreuer bestellt werden dürfe. Daraufhin hat er seinen Beschluss aufgehoben und mir die Sache mit der Bitte um Prüfung der Einrichtung einer Ergänzungsbetreuung vorgelegt.

    Ich kann doch jetzt nur eine Ergänzungsbetreuung für einen Betreuten/Erben mit dem Aufgabenbereich Erbauseinandersetzung anordnen, da die Betreuerin in allen anderen Bereichen rechtlich nicht verhindert ist.

    Ihr Anliegen war es allerdings Unterstützung bei der Abwicklung des Nachlasses zu bekommen. Diesbezüglich habe ich ihr bereits gesagt, dass sie ggf. rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen muss, jedoch kein zusätzlicher Betreuer bestellt werden kann.

    Wie seht ihr die Sache?

    Vielen Dank für eure Meinungen!

    2 Mal editiert, zuletzt von Karo (9. Januar 2024 um 19:58)

  • Das sinnvollste wäre m.E. ein Betreuerwechsel bei einem der Betreuten, und zwar durch einen FA für Erbrecht. Der könnte die Nachlassabwicklung zusätzlich zur Vergütungspauschale nach § 1877 Abs. 3 BGB iVm dem RVG abrechnen. Und wenn der Nachlass geklärt ist, kann die bisherige Betreuerin den Fall wieder übernehmen.

    Übrigens sollte der Titel des Threads geändert werden. § 6 VBVG ist jetzt § 12, und eigentlich gehts ja gar nicht darum.

  • Danke für deine Antwort!

    Daran hab ich auch schon gedacht. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob der Richter da mitspielen würde.

    Das ist eine schwierige Konstellation. Die eingesetzte Berufsbetreuerin möchte beide Betreuungen behalten und ist nur mit den anstehenden Aufgaben im Rahmen der Nachlassabwicklung überfordert. Leider lässt es das Gesetz nicht zu, dass ein weiterer Berufsbetreuer bestellt wird.

    Der Titel des Threads passt tatsächlich nicht, aber der oben geschilderte Fall passte sehr gut zu meinem Fall.

    Einmal editiert, zuletzt von Karo (10. Januar 2024 um 08:47)

  • Ich habe dem Richter mitgeteilt, dass gem. § 1817 Abs. 1 S.3 kein weiterer Berufsbetreuer bestellt werden dürfe. Daraufhin hat er seinen Beschluss aufgehoben und mir die Sache mit der Bitte um Prüfung der Einrichtung einer Ergänzungsbetreuung vorgelegt.

    Das war wohl ein Eigentor. Mit welcher Begründung hat der Richter eigentlich seinen Beschluss aufgehoben, so ganz ohne Rechtsmittel? :/

    Wenn die Betreuerin zwei Miterben vertritt, liegt hinsichtlich der Erbauseinandersetzung klar die rechtliche Verhinderung nach § 1817 Abs. 5 BGB vor und damit eine Ausnahmesituation, in der auch mehrere berufliche Betreuer für einen Betroffenen bestellt werden können (§ 1817 Abs. 1 S. 3 BGB).

    Jedenfalls, wenn eine Verteilung des Verkaufserlöses für das Grundstück zwischen den Miterben erfolgen soll (statt einer Zahlung auf ein Konto der Erbengemeinschaft), besteht auch ein Vertretungsausschluss (ganz aufschlussreich der Aufsatz DNotZ 2017, 646, beck-online).

    Unabhängig von der Verhinderung dürfen natürlich auch Berufsbetreuer für bestimmte (besondere) Angelegenheiten einen Rechtsanwalt für Betroffene beauftragen.

  • Ich stelle mir immer die Frage, was würde der Betroffene ohne einen Rechtlichen Betreuer machen?

    Wir sind uns doch einig, Rechtliche Betreuung ist nicht Knecht und Sekretär der Betroffenen. Warum bedient sich ein Rechtlicher Betreuer nicht eines Dienstleisters. Das Recht hat doch Jeder Mensch ohne Rechtliche Betreuung auch. Also, der Betreuer bedient der klassischen und leider unbekannten Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten, oder geht zu einem Anwalt und lässt sich darauf bringen.

    Ich empfinde es als eine Unsitte, nur weil ein Rechtlicher Betreuer bestellt ist, dass die Justiz sich erdreistet, diesem, unter dem Deckmantel, dass es das Vermögen des Betroffenen belasten könnte, den Weg zum Rechtdienstleistungsmarkt zu verwehren.

    Die Aufgabe des rechtlichen Betreuers ist nicht das Tun, sondern das Tun zu organisieren!

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  • Die Betreuten werden jetzt selbst die Erbschaft ausschlagen und es muss kein Ergänzungsbetreuer bestellt werden. Die Bestellung hätte sowieso nicht für die komplette Nachlassangelegenheit erfolgen können, sondern lediglich für Bereiche, in welchen die Betreuerin von der Vertretung ausgeschlossen gewesen wäre. Das hätte ihr auch nicht weitergeholfen.

    Ich habe im Übrigen kein Problem damit, dass sich ein Betreuer von einem Anwalt beraten lässt. Die Betreuten sind allerdings mittellos und können lediglich Beratungshilfe in Anspruch nehmen.

  • Die Betreuten werden jetzt selbst die Erbschaft ausschlagen und es muss kein Ergänzungsbetreuer bestellt werden.

    8) Diese Wendung überrascht mich doch sehr.

    In deinem Beitrag #8 klang es so als wären die Betroffenen (ohne Ausschlagungsmöglichkeit) Erben geworden und nun wolle man das Nachlassgrundstück veräußern.

  • Die Betreuerin ging bislang davon aus, dass die Erbschaft durch Ablauf der Ausschlagungsfrist bereits angenommen wurde und ihre Betreuten Erben geworden sind. Zudem war ihr die Zusammensetzung des Nachlasses bis gestern nicht vollständig bekannt. Heute bekam sie die Mitteilung, dass ein weiterer Kredit besteht und der Nachlass somit definitiv überschuldet ist. Daher soll jetzt ausgeschlagen bzw. ggf. die erfolgte Annahme angefochten werden.

    Der Richter hat die Bestellung des weiteren Betreuers übrigen mit der Begründung aufgehoben, dass gegen § 1817 BGB verstoßen wurde.

  • Ich habe im Übrigen kein Problem damit, dass sich ein Betreuer von einem Anwalt beraten lässt. Die Betreuten sind allerdings mittellos und können lediglich Beratungshilfe in Anspruch nehmen.

    Das ist doch völlig irrelevant, ob Vermögend oder mittellos. Die Betroffenen haben ein Recht auf Zugang zur Rechtsdienstleistung, welches durch Rechtliche Betreuung nicht zu verwehren ist. Leider haben viele Betreuungsrechtspfleger damit ein Problem.

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  • Welcher Betreuungsrechtspfleger hat ein Problem damit, dass sich die Betreuten oder der Betreuer rechtlich beraten lassen und aus welchem Grund?

    Mehr als eine Beratung über Beratungshilfe ist für meine mittellosen Betreuten hier aber nicht drin. Oder gibt es Anwälte, die kostenlos arbeiten und die komplette Nachlasssache klären?

  • Ich habe im Übrigen kein Problem damit, dass sich ein Betreuer von einem Anwalt beraten lässt. Die Betreuten sind allerdings mittellos und können lediglich Beratungshilfe in Anspruch nehmen.

    Das ist doch völlig irrelevant, ob Vermögend oder mittellos. Die Betroffenen haben ein Recht auf Zugang zur Rechtsdienstleistung, welches durch Rechtliche Betreuung nicht zu verwehren ist. Leider haben viele Betreuungsrechtspfleger damit ein Problem.

    Was sind denn "viele"? Hast du Belege für deine Ansicht?

    Und ob es wirklich so irrelevant ist, ob der Betroffene seinen RA selbst bezahlen oder auf Beratungshilfe zurückgreifen muss? :/ Ich glaube nicht. Der selbst bezahlte RA dürfte naturgemäß länger an einer Sache dranbleiben.

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