§ 106 ZPO - Gegner meldet keine Kosten an

  • Hallo, ich bin noch nicht lange mit Kostenangelegenheiten beschäftigt und meine Vorgängerin ist leider erkrankt, sonst kann ich hier niemanden fragen. Die Frage ist daher vielleicht banal, aber ich stehe gerade auf dem Schlauch.

    Folgender Sachverhalt:
    Nach der KGE tragen Kläger und Beklagter die Kosten zu je 50 %. Der Klägervertreter beantragt die Ausgleichung nach § 106 ZPO. Der Beklagtenvertreter hat vor Beendigung des Verfahrens das Amt niedergelegt, seine Vergütung ist bereits nach § 11 RVG festgesetzt. Der Beklagte hat auf die Aufforderung zur Anmeldung seiner Kosten nicht reagiert. Aber ich weiß ja, dass er RA-Kosten hatte. Kann ich die Vergütung aus dem Vergütungsfestsetzungsantrag zu Grunde legen (ohne USt., da insoweit die Erklärung fehlt)?

  • m.E. gibt es ohne expliziten Antrag auch keine Festsetzung... die Tatsache, dass der Partei wohl offenbar doch Kosten entstanden sind, braucht Dich nicht zu interessieren.

  • Würde auch nur mit der einen Rechnung ausgleichen. Der Beklagte könnte ja auch später noch die Ausgleichung beantragen, dann müsste im Zweifel erneut eine Ausgleichung mit wieder nur einer Berechnung gemacht werden. Aber ohne Antrag keine Ausgleichung/Festsetzung.

  • Du hast (hoffentlich) die Aufforderung gem. § 106 ZPO zugestellt (EB)? Wenn dann nach Fristablauf kein Antrag eingereicht wurde, dann s. #3,#4: nur den bis jetzt gestellten Antrag berücksichtigen und gemäß der Quote einseitig festsetzen

    Du hast nur ein Leben - aber wenn Du es richtig gemacht hast, reicht das auch ... Indra

  • kein Antrag = keine Berücksichtigung. Ärgerlich, wenn es dem Gegner später doch auffällt und man einen 2. KFB machen muss

  • Bis jetzt hatte der Beklagte noch keine Kosten - er hat ja seinen RA nicht bezahlt, so dass nach §11 festgesetzt werden musste. Da dürfte ihm herzlich egal sein, ob diese Kosten im Festsetzungsverfahren berücksichtigt werden.

    Btw: Es gibt auch Gründe, statt der Ausgleichung die getrennte Festsetzung zu wollen. Z.b. wenn eine Rechtsschutzversicherung involviert ist.

  • Btw: Es gibt auch Gründe, statt der Ausgleichung die getrennte Festsetzung zu wollen. Z.b. wenn eine Rechtsschutzversicherung involviert ist.


    Da ich neulich eine absichtliche getrennte Festsetzung zu bearbeiten hatte, könnte mir jemand (Adora Belle?) den Hintergrund erklären? Wo ist bei der getrennten Festsetzung der rechtliche/wirtschaftliche Vorteil für den RA oder den Mandaten und was hat dies mit einer ggf.im Hintergrund beteiligten Rechtschutzversicherung zu tun?

    Auch wenn es zur Bearbeitung der Akte letztlich egal ist, würde ich gerne die Hintergründe verstehen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Das hat mit dem Quotenvorrecht des Mandanten zu tun. Um sich komplizierte Berechnungen und evtl. Streit mit der RSV zu ersparen, ist die getrennte Festsetzung der einfachere Weg. N. Schneider hat dazu einen Aufsatz ("Das Quotenvorrecht in der Rechtsschutzversicherung", ZAP 2019, 1261-1274) mit den entsprechend komplizierten Berechnungen verfaßt.

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    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • In der Kostenausgleichung kann es geboten sein Gebühren auf beiden Seiten zu berücksichtigen, wenn sie für beide Seiten zweifelsfrei entstanden sind, jeodch die Festsetzung nur von einer Seite beantragt wurde (vgl. OLG Hamm, 23 W 530/00; BGH, III ZB 42/05).
    Ich halte es aber auch für fraglich, ob dies auch gilt, wenn gar keine Kosten angemeldet wurden.

  • Es gibt keine Pflicht, an einer Kostenausgleichung teilzunehmen. Der Partei steht insoweit ein Wahlrecht zu, ob sie an der Ausgleichung teilnehmen oder eine einseitige Festsetzung wünschen (LG Frankfurt, AGS 2011, 515; LG Frankenthal, NJW-Spezial 2013, 220).

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  • Ich halte es aber auch für fraglich, ob dies auch gilt, wenn gar keine Kosten angemeldet wurden.


    Zumal zu berücksichtigen ist, daß der Kostenerstattungsanspruch auch nicht zwingend nur allein die RA-Vergütung umfaßt.

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  • In der Kostenausgleichung kann es geboten sein Gebühren auf beiden Seiten zu berücksichtigen, wenn sie für beide Seiten zweifelsfrei entstanden sind, jeodch die Festsetzung nur von einer Seite beantragt wurde (vgl. OLG Hamm, 23 W 530/00; BGH, III ZB 42/05).
    Ich halte es aber auch für fraglich, ob dies auch gilt, wenn gar keine Kosten angemeldet wurden.

    Ich halte es auch für sehr fraglich.

  • Vielen Dank für die Rückmeldungen und insb. an Bolleff für den Hinweis auf den Aufsatz von Schneider.

    Da die Fundstelle nicht vom hiesigen Beckonlineabo gedeckt war hat, hatte ich in unserer Bücherei gefragt. Dort gibt es die ZAP auch nicht, aber Herr ..., der gute Geist unserer Bücherei hat mir den Aufsatz in kürzester Zeit besorgt, so dass ich mir den Aufsatz in den nächsten Tagen mal zu Gemüte führen kann.

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