Französisches Erbrecht - Grundbuchberichtigung / Vindikationslegat

  • Guten Morgen an alle,

    ich habe jetzt schon ewig nichts mehr gepostet, aber im Moment bin ich sehr am Verzweifeln und hoffe, ihr könnt mir helfen.

    Ich habe folgenden Fall:

    GB - Alleineigentümer, verheiratet, 3 Kinder, französischer Staatsangehöriger, lebte und verstarb 2017 in Frankreich.

    Seine Frau legt mir nun Antrag auf GB vor unter Vorlage eines europäischen Nachlasszeugnisses sowie einer Erbenbescheinigung eines franz. Notars.

    Es tritt gesetzliche Erbfolge ein.

    Demnach erben die Kinder zu gleichen Teilen und die Frau hat ein Wahlrecht zwischen einer Erbquote von 1/4 oder dem Nießbrauch am gesamten Nachlass. Sie hat den Nießbrauch gewählt.

    Ich habe nun verschiedene Gutachten/Entscheidungen etc. gelesen und soweit ich das verstanden habe, wären die Kinder eine Erbengemeinschaft nach franz. Recht. Es gibt eine Entscheidung, da wären es sogar 2 Erbengemeinschaften, einmal die 3 Kinder und einmal die 3 Kinder und die Frau als Vermächtnisnehmerin...

    Kopfzerbrechen bereitet mir die Sache mit dem Nießbrauch und dem Thema Vindikationslegat. Ich habe die Entscheidung des EugH gelesen, aber so ganz klar ist sie mir nicht.

    Hatte vielleicht jemand so einen Fall schon mal und kann mir sagen, wie man da vorgeht? Trägt man den Nießbrauch nach § 22 GBO in Abteilung II ein (weil in Frankreich das Vindikationslegat gilt) oder nicht?

    Und was mache ich mit den Erben? Trage ich die zu je 1/3 ein oder in Erbengemeinschaft? Ich meine, in Erbengemeinschaft und dass die sich danach auseinandersetzen können, aber ganz sicher bin ich nicht.

    Ich wäre über Hilfe total dankbar. Vielen Dank schon mal im Voraus!

    BergGams

  • Guten Morgen Grubu.

    Im ENZ steht, dass die 3 Kinder zu je 1/3 Anteil erben als "nue-propriete", das ist die franz. Erbengemeinschaft in Verbindung mit dem Nießbrauchsrecht, sog. "nackte EG" und die Frau bekommt den Nießbrauch. Der Grundbesitz ist sehr genau aufgeführt im ENZ.

  • Ich bin im französischen Erbrecht nicht bewandert, aber klingt es nicht, als hätte sich die Frau im Nachlassverfahren für den Nießbrauch entschieden?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Hallo Andreas,

    doch, die Ehefrau hat explizit den Nießbrauch (anstatt Beteilung Erbquote 1/4) gewählt. Deshalb zerbreche ich mir ja den Kopf, ob man das aufgrund des in Frankreich geltenden Vindikationslegats über § 22 GBO in das Grundbuch eintragen kann.

  • Habe noch eine andere Frage - unabhängig vom Vindikationslegat.

    in einem der 3 Grundbücher ist der Erblasser nicht Alleineigentümer, sondern er und seine Frau in Errungenschaftsgemeinschaft nach französischem Recht.

    Dies ist der gesetzliche franz. Güterstand. Er wird beendet u. a. durch Tod eines der Ehegatten (so hier), muss aber anschließend noch auseinandergesetzt werden.

    Weiß zufällig jemand, wie man das in Abteilung I einträgt?

    Erben sind nur die 3 Kinder!

    Ich hätte jetzt eingetragen:

    2.1 Ehefrau

    2.2.1 Kind A
    2.2.2 Kind B
    2.2.3 Kind C

    2.2.1 bis 2.2.3 in Erbengemeinschaft nach franz. Recht zu je 1/3

    2.1 bis 2.2 in beendeter, nicht auseinandergesetzter Errungenschaftsgemeinschaft nach franz. Recht


    Ich werde mir diesbezüglich noch Literatur zu Gemüte ziehen, aber vielleicht hatte das ja schon mal jemand. Ich bin für jede Hilfe dankbar.

    Viele Grüße
    BergGams

  • ...

    ....Kopfzerbrechen bereitet mir die Sache mit dem Nießbrauch und dem Thema Vindikationslegat. Ich habe die Entscheidung des EugH gelesen, aber so ganz klar ist sie mir nicht....

    Wenn ich der Abhandlung von Leitzen; „Kubicka und die Folgen: Vindikatonslegate in der Rechtspraxis“, ZEV 2018, 311/312 und derjenigen von Wilsch in der ZfIR 2018, 253/254 folge, dann gibt es in Frankreich als Vindikationslegat nur das Erbstückvermächtnis nach Art. 1014 Code Civil, bei dem die Einordnung als unmittelbar dinglich wirkend in Deutschland höchst umstritten sei (so die Fußnote 13 bei Leitzen) bzw. das Vermächntis bis zur sog. délivrance, der Auslieferung, nur relativ und erst danach gegenüber jedermann wirke (so die Fußnote 5 bei Wilsch).

    Im Beispielfall 3 zum französischen Recht führt Leitzen aus: „Zur Ausübung seiner Rechte bedarf der Begünstigte eines Erbstückvermächtnisses nach französischem Recht (Art. 1010 CC) der delivrance durch den Beschwerten, dh eines Vollzugsaktes nach französischem Sachenrecht und gibt nachfolgend den Hinweis, dass das Beispiel des französischen Rechts deutlich mache, dass vor der pauschalen Schlussfolgerung, bei Anwendbarkeit einer Rechtsordnung, die Vindikationslegate kennt, sei mit dem Erbfall automatisch der Rechtserwerb vollendet, nur gewarnt werden kann.

    Ansonsten:

    Die von Dir vorgeschlagene Eintragung würde ich auch so vornehmen wollen, wobei ich bei der Erbengemeinschaft das „je 1/3“ weglassen würde. Auch im italienischen Erbrecht erben die Erben zu Bruchteilen, ohne dass dies bis zur Auseinandersetzung zu verlautbaren ist.

    Von einer „beendeten, nicht auseinandergesetzten Errungenschaftsgemeinschaft nach franz. Recht“ gehe ich auch aus, weil der französische Notar sonst andere Unterlagen hätte erstellen bzw. das Europäische Nachlasszeugnis wohl anders hätte aussehen müssen. Schließlich konnten die Ehegatten einen Ehevertrag mit einer Klausel abgeschlossen haben, wonach im Fall der Auflösung der Ehe durch dem Tod eines Ehegatten das bewegliche und unbewegliche Vermögen, das die Errungenschaftsgemeinschaft enthält, dem Überlebenden von ihnen gehören soll (clause d'attribution de la totalité de la communauté au conjoint survivant nach Art. 1524 C. C.); siehe dazu das hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…724#post1142724
    genannte Gutachten des DNotI vom 31.12.2006, geändert am 23.10.2008, Dokumentnummer 14803
    https://www.dnoti.de/gutachten/index.html?&pageIndex=151
    (auf der Seite am Schluss)

    Wenn allerdings der Erblasser in zwei Grundbüchern als Alleineigentümer eingetragen ist, dann stellt sich mir die Frage, ob diese Eintragungen ihre Richtigkeit haben, weil alle während der Ehe erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches Vermögen werden, es sei denn, es handelt sich um Eigengut, also um Gegenstände, die einem Ehegatten vor der Eheschließung gehört haben oder die er während der Ehe unentgeltlich oder als Surrogat aus dem Eigengut erworben hat (Zeiser im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.05.2018, Sonderbereich Internationale Bezüge, RN 84.10).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Wenn nicht gerade ein Testament mit bloßer Vermächtnisanordnung vorliegt, schließen sich die Begriffe "gesetzliche Erbfolge" und (egal welches) "Legat" eigentlich gegenseitig aus.

    Wenn hier jedoch ein gesetzlicher Nießbrauch vorliegt (so interpretiere ich dieses Wahlrecht), dann fällt mir dazu ein, dass fremdländische Legalhypotheken z. B. nicht eintragbar sind, weil es sie im deutschen Recht nicht gibt.

    Das würde sich auch nicht mit der EuGH-Entscheidung beißen, weil der EuGH entschieden hat, auf der Grundlage des Vindikationslegat sei das Eigentum einer Person eintragbar, weil es auch im deutschen recht das Eigentum an einer Sache gibt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Prinz und Andreas,

    ich danke euch vielmals für eure Hilfe!!!

    Die Eintragung in Abteilung I werde ich so vornehmen. Das "zu je 1/3" lasse ich weg, hast Recht Prinz :)

    Andreas: es handelt sich hier um die gesetzliche Erbfolge in Frankreich, dass eben der überlebende Ehegatte entweder 1/4 am Nachlass als Erbquote oder den Nießbrauch erhält. Dieses Wahlrecht muss er binnen 3 Monaten ausüben, tut er dies nicht, geht man vom Nießbrauch aus. Das Problem in der Sache ist, dass ich u. a. einen Aufsatz im DNotI-Report gefunden habe, den verstehe ich zumindest so, dass die Eintragung des NB möglich wäre, sofern § 28 GBO erfüllt ist (was bei mir der Fall wäre im ENZ).



    aus DNotI-Report 21/2017.


    Ich werde mir diesbezüglich nochmal Gedanken machen und auch die Einwände von Prinz nachlesen.

    Vielen Dank euch nochmals! :dankescho

  • Andreas: es handelt sich hier um die gesetzliche Erbfolge in Frankreich, dass eben der überlebende Ehegatte entweder 1/4 am Nachlass als Erbquote oder den Nießbrauch erhält. Dieses Wahlrecht muss er binnen 3 Monaten ausüben, tut er dies nicht, geht man vom Nießbrauch aus. Das Problem in der Sache ist, dass ich u. a. einen Aufsatz im DNotI-Report gefunden habe, den verstehe ich zumindest so, dass die Eintragung des NB möglich wäre, sofern § 28 GBO erfüllt ist (was bei mir der Fall wäre im ENZ).

    Das Wahlrecht muss der Ehegatte nur ausüben, wenn er dazu von den Kindern aufgefordert wird. Was ist, wenn diese Aufforderung nicht erfolgt?

    Ich habe ein ENZ zur Grundbuchberichtigung vorliegen, bei dem bei der Angabe zum Anteilsverhältnis lediglich Artikel 757 des Code Civil widerholt wird. Der Antrag selbst sagt nichts darüber aus, auf wen die Berichtigung erfolgen soll. Wie weiß ich jetzt, ob der Ehegatte mit eingetragen werden soll oder nicht? Wird der Nießbrauch von Amts wegen eingetragen?

  • Andreas: es handelt sich hier um die gesetzliche Erbfolge in Frankreich, dass eben der überlebende Ehegatte entweder 1/4 am Nachlass als Erbquote oder den Nießbrauch erhält. Dieses Wahlrecht muss er binnen 3 Monaten ausüben, tut er dies nicht, geht man vom Nießbrauch aus. Das Problem in der Sache ist, dass ich u. a. einen Aufsatz im DNotI-Report gefunden habe, den verstehe ich zumindest so, dass die Eintragung des NB möglich wäre, sofern § 28 GBO erfüllt ist (was bei mir der Fall wäre im ENZ).

    Das Wahlrecht muss der Ehegatte nur ausüben, wenn er dazu von den Kindern aufgefordert wird. Was ist, wenn diese Aufforderung nicht erfolgt?

    Ich habe ein ENZ zur Grundbuchberichtigung vorliegen, bei dem bei der Angabe zum Anteilsverhältnis lediglich Artikel 757 des Code Civil widerholt wird. Der Antrag selbst sagt nichts darüber aus, auf wen die Berichtigung erfolgen soll. Wie weiß ich jetzt, ob der Ehegatte mit eingetragen werden soll oder nicht? Wird der Nießbrauch von Amts wegen eingetragen?


    Als erstes muss mal geklärt werden, ob es nur gemeinsame Abkömmlinge des Erblassers und des überlebenden Ehegatten gibt. Wenn nämlich noch weitere Abkömmlinge vorhanden sind, gibt es keine Wahlrecht (und der Ehegatte bekommt 1/4). Auch das steht in Art. 757 Code civil - das ENZ taugt nichts, nicht mal in Frankreich, denn auch in einem dortigen certificat de notoriété müsste angegeben werden, ob der Ehegatte das Wahlrecht ausgeübt hat, und ob es nur gemeinsame Abkömmlinge gibt.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Danke. Das war auch mein erster Gedanke.

    Ich gehe davon aus, dass es sich um gemeinschaftliche Abkömmlinge handelt. Das lässt sich aber leicht feststellen.

    Die schwierigere Frage für mich: Wie gestaltet sich die Erbengemeinschaft, wenn die Abkömmlinge den überlebenden Ehegatten nicht auffordern, sein Wahlrecht auszuüben? Verbleibt die Erbengemeinschaft dann in einem Schwebezustand?

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