Nachlasspflegschaft

  • Hallo,

    im Grundbuch steht eine Erbengemeinschaft als Eigentümerin. Sämtliche Erben sind bereits vor langer Zeit verstorben, haben Erben und Erbeserben. Für den Grundbesitz wird seit langer Zeit eine Pacht auf ein Notaranderkonto gezahlt. Der Notar will das Konto auflösen und den Grundbesitz verkaufen. Da die Erbfolge nach den Mitgliedern der Erbengemeinschaft nicht geklärt ist, beantragt er eine Nachlasspflegschaft nach dem Voreigentümer...Dazu habe ich ihm mitgeteilt, dass nach diesem ja die Erben bekannt sind und somit keine Nachlasspflegschaft eingerichtet werden kann.

    Könnte man eine Nachlasspflegschaft nach der Erbengemeinschaft einrichten? Wie kommt man in solchen Fällen weiter? Die Sache ist wohl so unübersichtlich, da kein Beteiligter bekannt ist, der eine Erbenermittlung durchführen könnte.

    Normalerweise müsste man ja für jedes Mitglied der Erbengemeinschaft einen Nachlasspfleger bestellen. Und es müssten ja unterschiedliche Pfleger sein.

    Oder gibt es noch eine andere Möglichkeit?


  • Der Notar will ... den Grundbesitz verkaufen.


    ? wie soll das denn gehen, so wie ich den Sachverhalt verstehe ist er nicht der Eigentümer? ... und sowas kommt von einem Notar???


    Normalerweise müsste man ja für jedes Mitglied der Erbengemeinschaft einen Nachlasspfleger bestellen. Und es müssten ja unterschiedliche Pfleger sein.

    Zumindest müsste man wohl mit einer Nachlasspflegschaft nach einem der Mitglieder der Erbengemeinschaft beginnen.
    Mir erschließt sich allerdings nicht, warum man verschiedene Nachlasspfleger bestellen sollte (sofern die Zuständigkeit sich nicht sowieso auf mehrere Nachlassgerichte verteilt)? Ist doch viel effektiver mit einem (jedenfalls möglichst wenigen) denn die Ermittlungen werden sich ja zum Teil überschneiden, wenn es eine Familie ist.

    Eine Pflegschaft nach der Erbengemeinschaft halte ich für unzulässig.

  • OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 27.10.2015 – 20 W 244/15, BeckRS 2016, 04643
    [h=2]Leitsätze:[/h] 1. Wenn eine Mehrheit von Erben in Betracht kommt, ist es für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen. Sind nur einzelne Erben unbekannt, kann nicht etwa eine Gesamtpflegschaft angeordnet werden, sondern nur eine Teilpflegschaft für diesen unbekannten Erben, wenn die Voraussetzungen im Übrigen insoweit vorliegen. (amtlicher Leitsatz)
    2. Zur Frage, wann statt eines Nachlasspflegers ein Abwesenheitspfleger zu bestellen ist. (amtlicher Leitsatz)

  • Mir erschließt sich allerdings nicht, warum man verschiedene Nachlasspfleger bestellen sollte (sofern die Zuständigkeit sich nicht sowieso auf mehrere Nachlassgerichte verteilt)? Ist doch viel effektiver mit einem (jedenfalls möglichst wenigen) denn die Ermittlungen werden sich ja zum Teil überschneiden, wenn es eine Familie ist.

    Weil Du spätestens am Punkt Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit einem nicht mehr weiter kommst. Ne andere Frage ist auch wie man die Kosten für die jeweiligen Nachlässe auseinanderdröseln will, wenn einer für alle gleichzeitig tätig ist.


  • Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft


    war bei mir regelmäßig nicht Gegenstand der Nachlasspflegschaft


    ....Frage ist auch wie man die Kosten für die jeweiligen Nachlässe auseinanderdröseln will, wenn einer für alle gleichzeitig tätig ist.


    Indem der Nachlasspfleger die Stunden, die in mehreren Nachlässen notwendig sind diese aufteilt, Auslagen ebenfalls anteilig abrechnet.
    ... und alles was nur einen Nachlass betrifft auch nur dort abrechnet. (Sind ja trotzdem einzelne Pflegschaften.)

    Wird sicher nicht einfach, halte ich aber für machbar und im Sinne der Kostenminimierung für sinnvoller, als jeden Ermittlungsschritt zigfach gehen zu lassen.
    (Wir können wohl davonausgehen, dass verschiedene Pfleger sich nicht die Ergebnisse teilen würden um das Verfahren schneller zu erledigen.)

  • Wenn du dir Mühe zur Grundbuchberichtigung machen willst, fragst du das Finanzamt, wer die Grundsteuern zahlt und forderst diesen (ggfs. mit Zwangsgeld) zur Grundbuchberichtigung auf.
    Über kurz oder lang wird es sich schon auf irgendeinem Weg bereinigen.

  • Das kann ja kein Dauerzustand bleiben und mit den Jahren wird es auch nicht einfacher werden das hinzubiegen (im Gegenteil). Das Nachlassgericht/ die Nachlassgerichte müssen also irgendwann eh loslegen, warum dann nicht jetzt?

  • Mir erschließt sich allerdings nicht, warum man verschiedene Nachlasspfleger bestellen sollte (sofern die Zuständigkeit sich nicht sowieso auf mehrere Nachlassgerichte verteilt)? Ist doch viel effektiver mit einem (jedenfalls möglichst wenigen) denn die Ermittlungen werden sich ja zum Teil überschneiden, wenn es eine Familie ist.

    Weil Du spätestens am Punkt Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit einem nicht mehr weiter kommst. Ne andere Frage ist auch wie man die Kosten für die jeweiligen Nachlässe auseinanderdröseln will, wenn einer für alle gleichzeitig tätig ist.

    Wenn ein NP die verschiedenen Erbeserben ermittelt kommt insgesamt bestimmt kostengünstiger als wenn sich x NP in die Verwandtschaft einarbeiten müssen.

    Wenn der NP (alle) Erbeserben findet, können die sich auseinandersetzen und man hat kein Problem mit § 181 BGB.

  • Es gibt nun einen Kaufinteressent für das Grundstück. Es ist der Pächter, der das Grundstück seit 60 Jahren pachtet.

    Wäre es möglich einen Pfleger für unbekannte Beteiligte zu bestellen, der den Kaufvertrag mit dem Interessent abschließt und das Geld dann hinterlegt?

    Das wäre doch die einfachste Lösung. Seht Ihr dabei Probleme?

  • Ja, wenn man sich die Entscheidung des Brandenburgischen OLG , 3. Zivilsenat vom 04.11.2014 3 U 156/11 durchliest...

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Es gibt nun einen Kaufinteressent für das Grundstück. Es ist der Pächter, der das Grundstück seit 60 Jahren pachtet.

    Der Wunsch des Pächters, das gepachtete Grundstück kaufen zu wollen, rechtfertigt keine Pflegschaft. Unabhängig von der oben zitierten Problematik des Verkaufs mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung,

    Wieso muss das Grundstück überhaupt verkauft werden?

  • Die Pächterin hat Interesse am Kauf angemeldet. Der Pachtpreis wird jährlich hinterlegt.

    Weitere Gründe bzgl. des Verkaufs sind nicht bekannt. Die Eigentumsverhältnisse im Grundbuch sind kaum noch nachvollziehbar. Es gibt 37 Eigentümer, die teilweise bereits verstorben sind und bei denen die Erbfolge teilweise nicht geregelt ist.

    Deshalb meine Idee, einen Pfleger für unbekannte Beteiligte zu bestellen...

  • Ich meine auch, dass man für alle im Grundbuch eingetragen unbekannten Eigentümer im Ganzen einen Pfleger nach § 1913 BGB bestellen kann. Das ist die effizienteste und beste Lösung. Wenn nicht sogar die Einzige.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Die Pächterin hat Interesse am Kauf angemeldet. Der Pachtpreis wird jährlich hinterlegt.

    Weitere Gründe bzgl. des Verkaufs sind nicht bekannt. Die Eigentumsverhältnisse im Grundbuch sind kaum noch nachvollziehbar. Es gibt 37 Eigentümer, die teilweise bereits verstorben sind und bei denen die Erbfolge teilweise nicht geregelt ist.

    Deshalb meine Idee, einen Pfleger für unbekannte Beteiligte zu bestellen...

    In Kenntnis der vorgenannten Entscheidung wird kein vernünftig denkender Pfleger einen Kaufvertrag unterzeichnen.

  • Ich schon. Denn Äpfel sind nicht gleich Birnen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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