alte Erstattungsansprüche aus privater KV

  • Schuldner S ist privat krankenversichert. Aus der Zeit vor Eröffnung seines IK-Verfahrens schleppt er noch Erstattungsansprüche gg. seiner KV in Höhe von gut 7.000 EUR mit sich herum. Die Arztrechnungen sind bereits zur Tabelle angemeldet worden, aber die private KV weigert sich, die Erstattungen dem IV zu überweisen. Begründung: § 850 b I 4 ZPO.


    Da würde ich ja auch zustimmen, aber doch nur für die Ansprüche nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, also für neue Arztbesuche. Ich meine, auch schon einmal eine entsprechende Kommentarstelle/Entscheidung gelesen zu haben, weiß aber nicht mehr, wo.


    Kann jemand weiterhelfen?

  • Ausgezahlte Beihilfen des Dienstherrn für Aufwendungen im Krankheitsfall gehören zur Insolvenzmasse eines Beamten, der Anspruch auf diese Leistung jedoch erst, wenn sich seine Zweckbindung zugunsten des Gläubigers, dessen Forderung als Aufwand der konkreten Beihilfegewährung zugrunde liegt, erledigt hat.
    BGH, Beschluss vom 8. November 2007 - IX ZB 221/03

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Vielleicht klärt dies IV ZR 163/13 vom 19.02.2014, ab Rn.15, aber hier ganz wichtig auch Rn. 19:

    Abgesehen davon, dassbei nur bedingt pfändbaren Ansprüchen eine Übertragung der Versicherungselbst auf den Verwalter nicht in Frage kommt, das Stammrechtvielmehr dem Schuldner erhalten bleiben muss (BGH aaO Rn. 15), entsprichtes - anders als bei einer Berufsunfähigkeitsrente - nicht der Billigkeiti.S. von § 850b Abs. 2 ZPO, dass Gläubiger des Schuldners aufzukünftige Erstattungsleistungen des Krankheitskostenversicherers zugreifendürfen, die ausschließlich der Abdeckung neu entstandener tatsächlicherkrankheitsbedingter Aufwendungen dienen.

    Insoweit ist mE augenblicklich nicht geklärt, ob Ansprüche, die bereits vor IE entstanden sind, vom IV dann tatsächlich nicht geltend gemacht werden können.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Auch wenn es höchstrichterlich nicht geklärt sein mag, mal vom telos des Gesetzes und mit Billigkeit argumentiert: es kann doch eigentlich nicht sein, dass der Gläubiger der entsprechenden Rechnung als Insolvenzgläubiger gegebenenfalls auf eine Quote oder eben keine Quote verwiesen wird, der Schuldner jedoch die Erstattung behalten kann? Wobei es auch hier wieder spätestens im Rahmen des P-Kontos Probleme geben dürfte...

  • Auch wenn es höchstrichterlich nicht geklärt sein mag, mal vom telos des Gesetzes und mit Billigkeit argumentiert: es kann doch eigentlich nicht sein, dass der Gläubiger der entsprechenden Rechnung als Insolvenzgläubiger gegebenenfalls auf eine Quote oder eben keine Quote verwiesen wird, der Schuldner jedoch die Erstattung behalten kann? Wobei es auch hier wieder spätestens im Rahmen des P-Kontos Probleme geben dürfte...

    Hier hätte jedoch eine zession der KV-Ansprüche weiterhelfen können(m.e. wäre diese nicht anfechtbar); nicht geschehen, shit happens

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Auch wenn es höchstrichterlich nicht geklärt sein mag, mal vom telos des Gesetzes und mit Billigkeit argumentiert: es kann doch eigentlich nicht sein, dass der Gläubiger der entsprechenden Rechnung als Insolvenzgläubiger gegebenenfalls auf eine Quote oder eben keine Quote verwiesen wird, der Schuldner jedoch die Erstattung behalten kann? Wobei es auch hier wieder spätestens im Rahmen des P-Kontos Probleme geben dürfte...

    So sehe ich das auch, leider kann ich es nicht schlüssig begründen. P-Konto spielt hier zum Glück keine Rolle, die PKV hat noch nichts ausbezahlt.

  • 850 b sind doch bedingt pfändbare Ansprüche - du als Insolvenzgericht kannst die Pfändung zulassen, wenn es der Billigkeit entspricht. Also Sch anhören und entscheiden und der KV zustellen. Dann muss die an den IV auszahlen.

  • ich gebe es dir noch mal auszugsweise:

    Bundesgerichtshof
    ZPO § 850 b
    a) Zu den Bezügen im Sinne des § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO gehören auch einmalige Ansprüche des Schuldners gegen einen privaten Krankenversicherungsträger, die auf Erstattung der Kosten für ärztliche Behandlungsmaßnahmen im Krankheitsfall gerichtet sind.
    b) Die Pfändung der Ansprüche des Schuldners auf Erstattung der Kosten für künftige ärztliche Behandlungsmaßnahmen gegen einen Krankenversicherer kommt aufgrund von Billigkeitserwägungen nach § 850 b Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht in Betracht.


    BGH, Beschluss vom 4. 7. 2007 – VII ZB 68/06; LG Bonn (http://lexetius.com/2007,1800)


    [13] 3. Die Erwägungen des Beschwerdegerichts, mit denen es die Pfändung künftiger Erstattungsansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin abgelehnt hat, halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
    [15] b) Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Erstattung von Heilbehandlungskosten sind nach § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO grundsätzlich nicht pfändbar.
    [17] c) Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Beschwerdegerichts, künftige Erstattungsforderungen des Schuldners gegen die Drittschuldnerin seien, anders als Ansprüche auf Ersatz der Kosten bereits erbrachter ärztlicher Leistungen, auch nicht gemäß § 850 b Abs. 2 ZPO pfändbar.



    anders als Ansprüche auf Ersatz der Kosten bereits erbrachter Leistungen, das kann also nur heißen: wenn künftige unpfändbar sind und Ansprüche bereits erbrachter Leistungen anders zu behandeln sind, sind diese pfändbar!


    [18] Eine Pfändung entspräche hier nicht der Billigkeit. Zu Recht führt das Beschwerdegericht aus, die Pfändung künftiger Erstattungsansprüche gefährde den mit dem Versicherungsvertrag verfolgten Zweck. Auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen früherer Gläubiger ist es nicht zu rechtfertigen, dem Schuldner die Möglichkeit abzuschneiden, ärztliche Behandlung jederzeit in der Gewissheit in Anspruch nehmen zu können, dass die entstehenden Kosten im Rahmen des abgeschlossenen Versicherungsvertrags gedeckt sind. Dies gilt auch gegenüber einem Gläubiger, dessen Forderung ihrerseits eine ärztliche Heilbehandlungsmaßnahme zugrunde liegt, für deren Bezahlung der Schuldner die entsprechende Erstattungsleistung des Versicherers nicht verwandt hat.



    - Diese Begründung gilt hier eben nicht, da es hierbei um künftig in Anspruch zu nehmende ärztliche Behandlungen geht, in deinem Fall sind die Behandlungen jedoch bereits erfolgt und daher entspricht die Pfändung der Billigkeit, da sie eben nicht dem Schuldner die Möglichkeit nimmt, ärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen. Der Zweck des Versicherungsvertrages ist hier nicht gefährdet.


    Mit diesen beiden Bausteinen lässt sich meines Erachtens ohne Probleme eine Begründung erstellen. Die Billigkeit stützt weiterhin, dass zu den Gläubigern auch die behandelnden Ärzte gehören. Eine Unterstützung des Schuldners durch die Krankenversicherungsleistung hinsichtlich der ärztlichen Kosten ist hier also mangels Zahlung der Kosten durch den Schuldner -und damit ist die Krankheit ohne diese finanzielle Belastung geblieben -nicht erforderlich.






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