Reisekosten der Partei von VKH gedeckt?

  • Guten Morgen,

    ich habe hier folgenden Fall zu entscheiden. Verfahren zur elterlichen Sorge. VKH ist bewilligt.

    Partei wohnt in einem anderen Bundesland. Termin ist anberaumt, das persönliche Erscheinen ist angeordnet.

    Nun reicht die Korrespondenz-RAin ihren VKH-Vergütungsantrag ein inklusive der entstandenen Kosten der Partei (Bahnticket, Übernachtungskosten) von 133,00 EUR.

    Wie handhabt ihr das? Normalerweise ist ja VKH nur für die Gebühren, evtl. Reisekosten des RA.

  • Die Erstattung von Parteireisekosten kann nicht über die VKH-Abrechnung erfolgen. Dafür gibt es ein eigenes Verfahren, für das - zumindest hier in Schleswig-Holstein - der Kostenbeamte (mittlerer Dienst) zuständig ist.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Zusammen mit der Ladung müsste die Partei einen Entschädigungsvordruck bekommen haben. Dieser Vordruck ist innerhalb einer Frist von drei Monaten ausgefüllt bei Gericht einzureichen. Die Kosten für das Bahnticket und die Übernachtung sowie evtl. noch Verdienstausfall o. ä. sind hierüber geltend zu machen. Grundlage hierfür ist das JVEG. Eine Erstattung über die VKH kommt daher aus meiner Sicht nicht in Betracht.

    Man muss das Unmögliche so lange anschauen, bis es eine leichte Angelegenheit wird.
    Das Wunder ist eine Frage des Trainings!
    (Albert Einstein)

  • M.E. ist Grundlage die VwV Reiseentschädigung. Leider handhaben die Gerichte die Reisekosten sehr unterschiedlich, unter anderem wollen manche tatsächlich die Geltendmachung im Rahmen der PKH/VKH, obwohl in der VwV gerade steht, dass die PKH-Regelungen unberührt bleiben. Manche lehnen nachträgliche Erstattung rundweg ab (weil das Geld für die Fahrkarte ja offenbar vorhanden war, also keine Mittellosigkeit gegeben ist). Ich versuche deshalb bei auswärtigen Terminen jeweils vorher zu klären, ob und wie entschädigt wird.

  • ... Ich versuche deshalb bei auswärtigen Terminen jeweils vorher zu klären, ob und wie entschädigt wird.

    Das ist auf jeden Fall sinnvoll, zumal es auch vorkommt, dass die Fahrtkosten nicht aufgebracht werden können und dann rechtzeitig vor dem Termin durch das Gericht eine Fahrkarte beschafft und übersandt werden kann.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Das ist hier leider durch die RAin oder Partei nicht gemacht worden. Der Termin wurde kurzfristig vom 23.10. auf den 13.11. verschoben. Wäre aber trotzdem noch ausreichend Zeit gewesen, das zu klären.

  • Nach Zöller § 122 ZPO RdNr. 26 erfolgt die Erstattung der Reisekosten der Partei in analoger Anwendung
    dieses Paragraphen.
    Die Partei erhält die Reiseentschädigung, wenn sie persönlich zum Termin geladen war.

    Bei uns macht das derjenige, der für die Festsetzung der Vergütung der Anwaltsvergütung zuständig ist,
    nicht der JVEG-Beamte.

  • Zusammen mit der Ladung müsste die Partei einen Entschädigungsvordruck bekommen haben. Dieser Vordruck ist innerhalb einer Frist von drei Monaten ausgefüllt bei Gericht einzureichen. Die Kosten für das Bahnticket und die Übernachtung sowie evtl. noch Verdienstausfall o. ä. sind hierüber geltend zu machen. Grundlage hierfür ist das JVEG. Eine Erstattung über die VKH kommt daher aus meiner Sicht nicht in Betracht.

    M.E. ist Grundlage die VwV Reiseentschädigung. Leider handhaben die Gerichte die Reisekosten sehr unterschiedlich, unter anderem wollen manche tatsächlich die Geltendmachung im Rahmen der PKH/VKH, obwohl in der VwV gerade steht, dass die PKH-Regelungen unberührt bleiben. Manche lehnen nachträgliche Erstattung rundweg ab (weil das Geld für die Fahrkarte ja offenbar vorhanden war, also keine Mittellosigkeit gegeben ist).

    Von allem ein bisschen ;).

    Die VwV Reisentschädigung AV ist jedenfalls ländergleich, ggf. mit Zusatzbestimmungen behaftet. Gemäß Punkt 1 gilt als mittellos im Sinn dieser Vorschrift Personen, die nicht in der Lage sind, die Kosten der Reise aus eigenen Mitteln zu bestreiten, was nicht heißt, dass die Person nicht ausnahmsweise zuvor selbst die Fahrkarte kaufen könnte, denn die könnte ja ein anderer verauslagt haben. Grundsatz ist aber, dass das Gericht die Fahrkarte zur Verfügung stellt bzw. den Wertersatz vorher überweist. Danach ist nach 1.3 der Anspruch über die verauslagten Fahrtkosten innerhalb von 3 Monaten nach Ende des Termins beim heranziehenden Gericht geltend zu machen. Über den Anspruch - also über den Tatbestand der Mittellosigkeit der Person im Sinne dieser Vorschrift - entscheidet das Gericht. Manche streiten an der Stelle, ob wirklich das Gericht im Rechtssinne oder das Gericht im Sinne der Justizverwaltung über den Anspruch zu entscheiden hat. Ich tendiere eher zum zweiten, ohne aber weiter darüber ausschweifen zu wollen. Sobald hierüber entschieden ist, erfolgt die Feststellung durch den Anweisungsbeamten, dessen Rechtsgrundlage das JVEG sein wird, vgl. 1.1.2 der VwV mit Einschränkung in 1.1.3. nur Kosten der Wagenklasse 2.

    Für den Ausgangsfall heißt das: Hinweis an RA, dass Auslagen der Partei in der Weise nicht über die VKH/PKH erstattet werden können, vgl. §§ 45, 48 RVG. Bitte um Umstellung auf Antrag nach der VwV Reiseentschädigung AV des jeweiliegen Bundeslandes. Anschließende Vorlage des Antrags (soweit noch innerhalb der Erlöschensfrist) an das Gericht m.d.B. um Entscheidung, ob Mittellosigkeit der Partei zum Zeitpunkt der Terminswahrnehmung vorlag und WV an Anweisungsbeamten zur weiteren - ausnahmsweisen - Feststellung des Anspruchs.

    Die ausgezahlten Auslagen werden Bestandteil der Gerichtskosten, vgl. Punkt 1 der VwV.

  • Im Rahmen der genannten Verordnung kann man natürlich streiten, wann eine Partei nicht zur Zahlung der Reisekosten in der Lage ist.

    Die bloße Bewilligung der PKH führt aus meiner Sicht nicht zwingend dazu. Auch wenn diese vorliegt, kann die Partei einen Betrag auf dem Girokonto besitzen, mit dem sich die Fahrkarte/n ohne weiteres bezahlen lassen.

    Früher wurden auch (teilweise?) Anträge abgelehnt, die erst nach dem entsprechenden Gerichtstermin gestellt wurden. Man ging dann davon aus, dass die Partei offenbar in der Lage war, die Kosten selbst zu bestreiten, wenn sie zum Termin angereist ist. Vielleicht lautete der Text der VwV damals aber auch noch anders? :gruebel:


    Nur als Ergänzung zum Beitrag von Sersch:

    Es soll auch die Geltendmachung der Parteireisekosten im Rahmen der bewilligten PKH möglich sein:

    Unabhängig von dieser Verwaltungsvorschrift (OLG Dresden BeckRS 2013, 22580) und einer entsprechenden Antragstellung hat die Pkh-Partei Anspruch auf Erstattung von notwendigen Kosten für eine Reise zu einem Gerichtstermin auch aus dem Prozesskostenhilferecht (OLG Zweibrücken BeckRS 2017, 115872; OLG Naumburg NJOZ 2013, 827). Dies folgt entweder aus einer entsprechenden Anwendung von § 122 oder daraus, dass solche Reiseentschädigungen nach KV 9008 Ziff. 2 GKG gerichtliche Auslagen nach § 122 Abs. 1 Nr. 1a sind (OLG Brandenburg NJW-RR 2004, 63).
    (BeckOK ZPO/Kratz ZPO § 122 Rn. 13-20, beck-online)

  • Dann hast Du m.E. drei neue Probleme, wenn Du es über die PKH lösen möchtest:
    1. Wer ist zuständig? Dürfte noch einfach zu lösen sein, aber schon merkwürdig, dass zwischen zwei Verfahrensarten, die denselben Anspruch der Partei betreffen eine Diskrepanz schon in der Zuständigkeitsverteilung liegt.
    2. Auf welcher Rechtsgrundlage möchtest Du dann die Reisekosten der Partei entschädigen? Einen Bezug jedenfalls in das JVEG bekommst Du über § 55 RVG jedenfalls nicht hin!
    3. Wie soll der Übergang auf die Landeskasse nach § 59 RVG aussehen? Denn da ist schließlich nur von den erwachsenen Kosten des beigeordneten Rechtsanwalt die Rede und insoweit ändert ja bekanntlich der gesetzliche Übergang an der Art der Forderung nichts, so dass sie gerade nicht automatisch als Gerichtskosten angesehen werden können.

    Mir fällt es daher in der Summe um so schwerer anzunehmen, die Parteiauslagen über § 55 RVG festsetzen zu wollen auch wenn ich den Zweifeln an der Auffassung Recht geben muss, den Anspruch aus der Landeskasse lediglich über eine Verwaltungsvorschrift im Rahmen eines Justizverwaltungsaktes begründen zu wollen. Aber hey, immerhin hat der Gesetzgeber zumindest den Sprung zu kv 9008 Nr. 2 GKG über die mittellosen Personen selbst geschaffen ;)

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