RSB Versagung im Verfahren, Abschluss erst nach 100% Befriedigung?

  • Hallo zusammen,

    ich habe ein Verfahren aus 2008, welches noch läuft.
    Dem Schuldner wurde nach Ablauf der Abtretungserklärung die RSB versagt.

    Der Insolvenzverwalter ist der Meinung, dass das Verfahren nun solange läuft, bis eine 100 % Befriedigungsquote erreicht ist.
    Ich finde nichts, was dagegen spricht, dennoch denke ich, kann es wirklich sein, dass das Verfahren theoretisch nun noch weitere 10 oder mehr Jahre läuft?

    Hatte jm. schon einen solchen Fall und konnte das Verfahren evtl.früher zum Abschluss bringen?

    Danke für eure Ideen!

  • Meines Erachtens ist der § 196 InsO da eindeutig. Wenn nur noch das laufende Einkommen betroffen ist, ist die Schlussverteilung durchzuführen und das Verfahren zu beenden.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Das stimmt wohl!

    Danke euch, das is mir ja jetzt peinlich. :oops:

    Quatsch, braucht nicht peinlich zu sein. Wie begründet denn der Verwalter die Fortführung bis Sankt Nimmerleinstag?

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  • Eigentlich gar nicht so unlogisch, wie man auf den ersten Blick meinen sollte.
    Eine Einzelzwangsvollstreckungsmaßname, z.B. Kontenpfändung oder Lohnpfändung, würde auch bis zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers, also ewig, laufen. Wenn man das Inso-Verfahren jetzt bloß als Gesamtvollstreckung sieht (also als Zwangsvollstreckung der Gläubigergesamtheit), ist es gar nicht so fernliegend auch eine Gesamtvollstreckung bis zur vollen Befriedung der Inso-Gläubiger laufen zu lassen.

    @RGSilberer: Die RSB ist versagt worden. Der Verwalter nimmt wegen § 36 InsO pfändbare Beträge ein. Insolvenzfreier Neuerwerb ist nur für redliche Schuldner, die die RSB bekommen.

  • Das Problem der unscharfen Formulierung und der möglichen Ewigkeitsdauer eines Verfahrens hat der Gesetzgeber in BT-Drucks 14/5680, lfd. Nr. 13 gesehen:


    "Zu Nummer 13:

    Aus der Praxis wird von Auslegungsschwierigkeiten bei einemlaufenden Einkommen des Schuldners im Rahmen des§ 196 InsO berichtet, wann die Verwertung der Insolvenzmassebeendet sei und somit die Schlussverteilung erfolgenkönne. Diese Schwierigkeiten sind darin begründet, dassnach § 35 InsO abweichend von der Konkursordnung auchder Neuerwerb zur Insolvenzmasse zählt und somit bei einemfortlaufenden Einkommen des Schuldners stets neueMasse anfällt. § 196 Abs. 1 InsO soll deshalb in dem Sinnepräzisiert werden, dass die Schlussverteilung erfolgen kann,sobald die Insolvenzmasse ohne Berücksichtigung des laufendenEinkommens verwertet ist, bzw. der Schuldner denBetrag nach § 314 Abs. 1 InsO bezahlt hat".

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • ist schon ein blödes Verfahren.

    Es wirft jedoch einige spannende Fragen und Probleme auf.

    Frage zum Fall: wann wäre denn das Verfahren abschlussreif gewesen ?

    und bereits lauern hier böse Fallen für Verwalter und Gericht....... (das Verfahren geht in das 10'te Jahr), zur Entschärfung noch sogleich....

    A. Rechtliche Ausgangslage

    § 196 I in der 2001'er Fassung eindeutig: Verfahren ist abzuschließen, wenn alles verwertet ist, m.A. des lfd. Einkommens.

    Grund: s. Zitat von LFdC; Hintergrund: wg. der Einbeziehung war es str., ob ein Verfahren überhaupt abschließbar sei, solange noch pfändbares lfd. Einkommen vorhanden sei.
    Da der Gesetzgeber aber bereits nach "altem Recht" vorgesehen hatte, dass das lfd. Einkommen der nachverfahrendlichen WVP - die seinerzeit erst mit Aufhebung des Verfahrens begann - haftungsrechtlich gebunden sein sollte, handelt es sich m.E. nur um eine Klarstellung.

    B. Fragestellungen auf den Fall gewendet

    1) es gibt keine nachverfahrendliche Haftungsverwirklichung, da die RSB versagt wurde.
    Bedeutet dies nun, die Haftungsverwirklichung - entgegen dem Wortlaut des " 196 I - im laufenden Verfahren bis zur Vollbefriedigung laufen zu lassen ?

    2) in Verfahren, in denen die WVP noch an die Beendigung des Verfahrens gekoppelt waren, sah der BGH es als sachgerecht, nach 12 Jahren über den Antrag auf RSB zu entscheiden, und den "Nacherwerb" massefrei zu stellen (IX ZB 11/13).
    Gibt die Entscheiung etwas für den Fall her ?

    3) die 2014'er Änderung

    Nach § 300a InsO sind die Beträge, die der Masse aus laufendem Einkommen ab dem Ende der Laufzeit der Abtretungsfrist zufließen an den Schuldner auszukehren, jedoch nur, wenn die RSB erteilt wird !.
    Gibt dies - auch wenn wg. Übergangsregelung - nicht auf den Fall anwendbar - etwas für den Fall her ?

    C. Denkbare Verfahrensweisen

    1.sofortiger Abschluss des Verfahrens

    stimmt mit dem Wortlaut des § 196 I überein; Problem: was ist mit den Einnahmen aus laufendem Einkommen ab der Abschlussreife + Versagungsentscheidung (mit letzer endet die WVP im laufenden Verfahren) ?

    - Ausnahme: der Verwalter hätte noch Ansprüche gegen den Schuldner, dann weiterlaufen lassen (Sachverhalt maßgeblich) -> dann weiterlaufen lassen (da ja noch nicht abschlussreif)

    sonst: Haftungsansprüche

    2.Weiterlaufenlassen

    grds. möglich, setzt aber voraus, § 196 I argumentativ auszuhebeln

    Problem 1: wie lange
    Problem 2: wie rechtsbehelfsfähig bekommen
    Problem 3: Haftungsansprüche
    Problem 4: (korrespondiert mit 3): solange der Schuldner im Verfahren ist, hat er ein gemütliches Bett: niemand (beinah niemand) kann gegen ihn vollstrecken !
    die Altgläubiger können sich natürlich an der par conditio erfreuen, aber das löst das Prob nicht

    D. Ergebnis

    Ich hab keins ! nur de Tendenz....

    Tendenz geht in Richtung "Verfahrensabschluss".

    Gründe:

    1. Wortlaut des § 196 I.

    2. der Schuldner könnte mit überlanger Verfahrensdauer kommen

    E. Handlungsempehlung

    1. Verwalter zur Schlussrechnungslegung auffordern

    2.nach Prüfung SchlT bestimmen

    im Terminsbestimmungsbeschluss auf die Rechtsprobleme hinweisen, Rechtsbehelfsbelrhung (§ 11 II RflG) beifügen, Einzelzustellung an alle Gl. vorsehen

    E. Abschlussbemerkung

    Das Prob der nach Abschlussreife/RSB-Versagung weiterlaufender Einnahmen könnte spannend werden, aber m.E. zunächst an die qua Verteilungsverzeichnis zu berücksichtigenden Gläubier auszuschütten, sofern nicht in Neugläubiger "reinpfändet" -> dann halt Hinterlegung.


    greez Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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