Prozesskostenhilfe für Insolvenzverwalter - Massearmut

  • Ich habe für meinen Mandanten (Insolvenzverwalter :D) einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt.

    Ich habe dazu dargelegt, dass das Insolvenzverfahren massearm ist und auch bei Durchsetzung der streitgegenständlichen Forderungen massearm bleibt. Allerdings (auch vorgetragen) sind derzeit weitere Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren anhängig. Wenn die dort geltend gemachten Forderungen nur zu 50 Prozent realisiert werden können, wird die Massearmut aufgehoben.

    Abweisung der Prozesskostenhilfe mit dem Argument, Verfahren ist und bleibt massearm. Den Inhalt der weiteren Prozesskostenhilfeverfahren (die teilweise in der gleichen Kammer geführt werden :eek: :mad:) könne man nicht auf seine Erfolgsaussichten hin prüfen. Der Vortrag ist deshalb unbeachtlich.

    Wie genau würdet Ihr zum Inhalt der weiteren Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren vortragen. Wenn das stimmt, was das Gericht sagt, würde ich jedes Verfahren (die seitens der Gegenseite kontrovers und aggressiv geführt werden) wohl sieben mal führen. Einmal das eigentliche PKH-Verfahren und jeweils alle sechs anderen Verfahren, um den Wegfall der Massearmut darzulegen.

    Kann dies vor dem Hintergrund, dass das PKH-Prüfungsverfahren ein summarisches Verfahren ist, richtig sein. Eine andere Kammer hat es genau in der Art gesehen und Prozesskostenhilfe gewährt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • M.E. ist der Beschluss rechtlich unzutreffend; s. hierzu IX ZB 48/12

    greez
    Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • wie Def.

    Zur Insolvenzmasse gehört das gesamte pfändbare Vermögen des Insolvenzschuldners, damit auch bestrittene Forderungen gegen Dritte, die erst noch gerichtlich durchgesetzt werden müssen.

    Eine ausführliche Begründung findet sich bei BGH, Beschl. v. 22.11.2012 − IX ZB 62/12, Rn. 10 mit Zitierung von Jacoby (EWiR 2010, 473):


    "... Diese rechtliche Würdigung ermöglicht, dass ein Insolvenzverfahren mangels einer Einstellungspflicht fortgesetzt werden kann, wenn die Aktiva der Masse vornehmlich durchsetzbare Forderungen gegen Dritte wie Gesellschafter, Geschäftsführer und Anfechtungsgegner bilden. Müsste ein Insolvenzverfahren wegen Massekostenarmut trotz durchsetzbarer Forderungen eingestellt werden, wäre Drittschuldnern zu raten, selbst als berechtigt erkannten Forderungen in der Hoffnung auf eine Verfahrenseinstellung entgegenzutreten (vgl. Jacoby, EWiR 2010, 473). Diese unerwünschte Folge wäre mit der Ordnungsfunktion des Insolvenzverfahrens unvereinbar. Der Aktivmasse sind darum im Rahmen der Kostendeckungsprüfung nach § 207 I InsO auch bestrittene Ansprüche zuzurechnen, wenn für ihre erfolgreiche gerichtliche Geltendmachung eine im Sinne von § 114 ZPO hinreichende Erfolgsaussicht besteht (...)."

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • wenn für ihre erfolgreiche gerichtliche Geltendmachung eine im Sinne von § 114 ZPO hinreichende Erfolgsaussicht besteht (...)

    Das klingt doch schon gut; aber die Kammer meint, dass sie ganz intensiv prüfen muss, ob mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht. Dürfen die'n das?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wohl eher nicht. Dann müsste ja die Kammer in dem einen Fall (Fragestellung: Behebung der Massearmut durch Parallelverfahren?) einen höheren Maßstab für die Erfolgsaussicht ansetzen als die anderen Kammern bei der eigentlichen PKH-Prüfung in den Parallelverfahren. Ich meine, auch hier sollte die hinreichende Erfolgsaussicht genügen, also dass der rechtliche Standpunkt des Antragstellers zumindest vertretbar erscheint und eine Beweisführung möglich ist.

    Argumentativ würde ich noch auf den auch vom BGH (Beschl. v. 22.11.2012 − IX ZB 62/12, Rn. 11) angesprochenen "Gleichlauf der Voraussetzungen für die Versagung der Eröffnung (§ 26 I 1 InsO) und die Einstellung eines Insolvenzverfahrens (§ 207 I 1 InsO)" verweisen. Das Insolvenzgericht ist ja nach Prüfung des Insolvenzgutachtens zu dem Ergebnis gekommen, dass die Geltendmachung der streitigen Ansprüche zur Kostendeckung ausreichen kann und daher eine Insolvenzeröffnung gerechtfertigt ist. Dieser fachkundigen Einschätzung des Insolvenzgerichts sollte sich dann auch das Prozessgericht anschließen. Stichwort: Ordnungsfunktion des Insolvenzverfahrens.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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